Im Bergischen sind in Top-Führungspositionen nur zehn Prozent Frauen – das soll sich ändern Unternehmerinnen als Vorbild für andere
Bergisches Land · Eine Lounge im Hintergrund und die Teilnehmer bewegen sich mit ihrem umrahmten Profilbild wie Figuren über das Feld. In grau hinterlegten Kreisen – im übertragenen Sinne wie Tische, an die man sich stellt – können bis zu 15 Personen sich über die Plattform „wonder.me“ hören, sprechen und sehen.
Und zwischendurch sind es die Veranstalterinnen, Preisträgerinnen und Bürgermeister, die sich auf dem Bildschirm aller einschalten. „Das ist erstmalig eine echte Chance zu netzwerken, weil jeder individuell entscheiden kann, mit wem er sprechen möchte“, sagte Birgit Frese vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf Bergisches Städtedreieck, zuständig im Bereich „Mehr Frauen in Führung“.
„Frau mit Profil“: So heißt sie, die Aktion des Kompetenzzentrums. Gemeinsam mit den Oberbürgermeistern der Städte Solingen, Remscheid und Wuppertal wurde zum digitalen Empfang geladen, um die Preisträgerinnen in den Kategorien Vorbildhafte Unternehmerin, Kreative Lösung zur eigenen Existenzsicherung und Leitung eines nachhaltigen Projekts für Frauen zu würdigen. Zum achten Mal findet die Veranstaltung statt. „Nach wie vor sind im bergischen Städtedreieck in den Topführungspositionen nur zehn Prozent Frauen“, sagt Birgit Frese, „deswegen ist es wichtig, das Thema mehr in die Öffentlichkeit zu bringen.“ Teilzeitstellen für Führungspositionen zählen zur Ausnahmesituation. „Oftmals gibt es noch diese Präsenzkultur. Wer den Stift zuletzt fallen lässt, hat die meisten Karriereambitionen“, sagt Frese. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und -orte sei wichtig, um es Frauen zu ermöglichen, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Die Selbstständigkeit als Chance
für eine Familienphase
Knapp 40 Frauen wurden für die Aktion nominiert. Tatsächlich beworben haben sich daraufhin 15. Darunter sind zwar angestellte Frauen in Führungspositionen. „Es ist aber oft so, dass es Geschäftsführerinnen sind oder Einzelunternehmerinnen“, sagt Birgit Frese. In der Selbstständigkeit würden die Frauen die Chance sehen, ihre Karriere mit der Familienphase zu verbinden.
Eine der Preisträgerinnen von „Frau mit Profil“ ist Tanja Schäfer, die Geschäftsführerin von „Fischerandfriends GmbH“ in Wuppertal. Ihre Karriere machte sie zunächst in der Mediaberatung. Nachdem ihr Mann verunglückte übernahm sie sein Unternehmen als Geschäftsführerin in der Veranstaltungstechnik. Sie startete somit neu in einer ihr fremden Branche, die zusätzlich stark leidet. „Das zeichnet sie nochmal stärker und ihre Managementqualitäten ganz besonders aus“, sagte Frese.
„Halstenbach Fine Clothes“ ist das Modelabel vom Andrea Halstenbach. Zu sehen waren ihre Strickwaren aus Kaschmir und Merinowolle auf den Laufstegen von New York, Paris oder Mailand. „Dass ein kleines Unternehmen aus Unterbarmen es bis zum Erfolg nach New York bringt, ist schon ungewöhnlich“, hob Oberbürgermeister Uwe Schneidewind ihre Leistung hervor. Die Gender-Thematik ist etwas, was sie auch bei ihren nächsten Entwürfen umtreiben wird. „Nur durch Offenheit und Toleranz kann es auch in Mode und Design gute Kunst und Design geben, es ist eine Grundvoraussetzung für die Arbeit vieler Designer, Künstler und auch für mich“, betonte sie.
Als größten Erfolg benennt Karin Heier, die Leiterin Fachbereich Gewaltschutz SKF e.V. Bergisch Land, den Neubau des barrierefreien Frauenhauses in Remscheid. Sie setzt sich für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder ein – und informierte in ihrer Rede über mehr häusliche Gewalt in der Corona-Zeit.
Grundsätzlich zeigen sich erfolgreiche Frauen immer noch zurückhaltend in der Öffentlichkeit und die Zahlen belegen, dass sie in Führungsetagen wenig vertreten sind. „Die Hälfte der Hochschulabsolventen sind Frauen. Wo sind die alle, fragt man sich“, fragt Frese.