Oper von Anfang an Zauberhafte Welt trotzt allen Größenunterschieden
Die Kinderoper „Nils Karlsson Däumling“ nach Astrid Lindgrens Kinderbuch wird im Theater am Engelsgarten aufgeführt.
Ganz am Anfang sei sie nicht dabei gewesen, aber Ideen und Spiel habe sie schon beigetragen, sagt Annika Boos bescheiden über die Kinderoper „Nils Karlsson Däumling“. Ein Team um den Komponisten Thierry Tidrow und den Regisseur Anselm Dalferth hat die mobile Oper für Kindergartenkinder im Auftrag der Educationabteilung der Jungen Oper Rhein Ruhr (ein Zusammenschluss von Oper Dortmund, Theater Bonn, Deutsche Oper am Rhein) entwickelt. Mit viel Kreativität, Einsatz und harter Arbeit. Im Januar 2019 wurde sie in Düsseldorf uraufgeführt. Über 50 Aufführungen später kommt das Stück am 23. Februar auch ins Theater am Engelsgarten in Wuppertal. Mit dabei die 33-jährige Wuppertaler Sopranistin Annika Boos, die bewusst in ihrer Heimatstadt lebt und sich freut, hier aufzutreten.
Die Oper „Hänsel und Gretel“ überfordere Kindergartenkinder nun mal, meint der Chefdramaturg der Wuppertaler Oper, David Greiner und fordert: „Auch Dreijährige brauchen eine kulturelle Betreuung.“ Die Lücke ist erkannt, der Bedarf groß. Sie könnte leicht das Doppelte an Aufführungen spielen, wenn sie die Kapazitäten hätte, bestätigt Boos. Auch in Wuppertal ist die Premiere der Kinderoper ausverkauft, sind Zusatztermine heiß begehrt. Das Format „Oper von Anfang an“ wurde in der letzten Spielzeit mit „Kleines Stück Himmel“ etabliert. Mit der musikalischen Bearbeitung des Kinderbuchs von Astrid Lindgren aus dem Jahr 1956 folgt nun das zweite Stück. Das dritte für die nächste Spielzeit werde derzeit vorbereitet, verrät Greiner. Grundsätzlich werde auf minimalistische und nicht überfordernde Stücke mit einfach zu verstehenden Geschichten geachtet. Das Educationteam der Oper umrahmt mit Workshops zur Vor- und Nachbereitung.
Die Geschichte einer
besonderen Freundschaft
„Nils Karlsson Däumling“ befasst sich mit einer besonderen Freundschaft. Der vom kleinen Bertil, der oft allein zu Hause ist und sich langweilt, mit Nils Karlsson Däumling (Nisse), der so klein wie ein Daumen ist und in einem Mauseloch wohnt. Die beiden freunden sich an, kommunizieren über Klänge und überwinden, indem sie einen Zauberspruch finden, die Hürde ihres Größenunterschiedes.
Im Mai 2018 wurde Annika Boos gefragt, ob sie bei der Entwicklung der Kinderoper mitwirken wolle, dabei kam ihr zupass, dass sie nicht nur Gesang, sondern auch allgemeine Musikerziehung studiert hatte. Die Geigerin Karin Nakayama wurde hinzu geholt, sie arbeiteten zwei Wochen gemeinsam, entwickelten erste fragmentarische, spielerische Elemente. Die anschließend in einer Düsseldorfer Kita getestet wurden. Bei den Kindern gut ankamen. Es folgten acht intensive Wochen, in denen das Team miteinander die etwa 40-minütige Oper entwickelte. „Eine schöne wie anstrengende Zeit mit einem Team, das sich sehr gut verstand“, erinnert Boos.
Herausgekommen ist ein qualitativ so gutes Stück, dass Regisseur Dalferth 2019 damit für den Theaterpreis „Der Faust“ nominiert war. Es spielt in einer etwa zwei mal einen Meter großen Sperrholzkiste, die Kostüm- und Bühnenbildnerin Birgit Kellner entwickelt hat. Eine Kiste, die, weil das Bühnenbild mobil sein muss, plötzlich in der Kita stehe, so dass sich die Kinder fragen, wie sie dahin gekommen sei, so Boos. Eine Kiste, die es in sich hat, mit vielen zauberhaften Mechanismen, in die gerade mal eine Person passt, die das große Reich der Menschen drüber von dem kleinen Reich Däumlings drinnen trennt. Die Herausforderung der Größenanpassung wird mit Hilfe von Requisiten gelöst, die entsprechend vergrößert werden. Die Geschichte wird durch Geige und Stimme so erzählt, dass die kleinen Kinder mitgenommen werden. Beim Zauberspruch mitsingen dürfen, wenn sie wollen. Karin Nakayamas Geige übernimmt den Part von Nisse, ist lautmalerisch, manchmal komplett eigenständig. Boos arbeitet als Bertil mit einem eher schlichten, liedhaften Singen, hält das volle Volumen ihrer Opernstimme bewusst zurück. Die Mutter eines zweijährigen Sohnes genießt die Arbeit mit Kindern. Und freut sich, dass sich ihre gesangspädagogische Ausbildung so zauberhaft auszahlt.