Zur Kirche passen auch Drehorgeln

Der Organist Thorsten Pech und der Leierkasten-Spezialist Ullrich Wimmer spielten ein Sommerabendkonzert am Kolk.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Der Homo Sapiens und das Automatisieren gehören wohl untrennbar zusammen. Seit der Antike sind Maschinen nachgewiesen. Heute soll dem modernen Menschen die Digitaltechnik das Leben erleichtern. Ein Ende der Entwicklung ist nicht absehbar.

Auch die Musik kommt nicht ungeschoren davon. Streamt man sich aktuell Computermusik aus dem Internet, waren vor dem Einzug des Stroms im alltäglichen Leben mechanische Instrumente gefragt. Eine Spielart ist die Drehorgel oder salopp gesprochen der Leierkasten. Einige Modelle wurden zum Sommerabendkonzert bei Kerzenschein in der Kirche am Kolk gespielt, um vergangene Zeiten wieder zum Leben zu erwecken.

Zuständig dafür war Ullrich Wimmer aus Marienheide. Er ist Chef des dortigen Bergischen Drehorgelmuseums und somit ein Fachmann in Sachen mechanische Musikinstrumente. Vom Auftritt als volkstümlicher Leierkastenmann nahm er anfangs Abstand. Es war ihm zunächst wichtig, vom Ursprung des Instruments zu erzählen, der ihm zufolge in der Zeit des englischen Puritaners Oliver Cromwell im 17. Jahrhundert lag. Kirchenorgeln wurden damals mit Walzen mechanisiert.

Außerdem schrieben berühmte Komponisten wie Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven Stücke für die Flöten- und Harfenuhr — sie sind Drehorgel-Sonderarten. Natürlich präsentierte Wimmer neben seinen Erläuterungen auch einige Musikbeispiele von ihnen. Eine Nummer aus dem „Danziger Ausrufer“ und drei Stücke nach Père Engramelles Buch, wie Walzen gedruckt werden, waren aus dieser Epoche ebenfalls dabei. Hantierte er an den Kurbeln seiner Leierkästen, widerhallte es klangprächtig vom Vogelgezwitscher bis zu imposanten Orgelklängen.

Dabei stand ihm Thorsten Pech tatkräftig zur Seite, der die kleine Chororgel und die große Klais-Orgel der Kirche spielte. Er registrierte so geschickt, dass klanglich kaum ein Unterschied zu Wimmers Instrumentarium wahrnehmbar war. Bei Wolfgang Amadeus Mozarts Kirchensonate in B-Dur (KV 263) gingen Drehorgel und Chororgel eine kongeniale Symbiose ein.

Als Solist intonierte Pech eine galante Suite aus „Der Abend und der Morgen“ von Johann Ernst Eberlin und Leopold Mozart, eine „Romance“ Claude Balbastres und Carl Philipp Emanuels Bachs zwei Harfenuhrstücke sehr originell. Denn ob diese Stücke ursprünglich für Orgel oder Leierkasten gedacht sind, konnte man nicht heraushören. Das alles kam in Wort und Musik sehr seriös vom Altarraum und von der Orgelempore.

Doch als Ullrich Wimmer zum Schluss Zugaben von Johann Strauss präsentierte und so die Heurigen-Atmosphäre um Wien herum wach wurde, war er ganz der Unterhaltungskünstler. Nun gab er einen Leierkastenmann, wie er im Buche steht. Auch daran hatten die zahlreich erschienenen Zuhörer in der heiligen Halle sehr viel Spaß.