Gastbeitrag „…der WSV wird niemals untergehen!“

Bürgermeister Marc Schulz (Grüne) beobachtet die aktuelle Entwicklung des WSV mit großer Sorge - und hofft, dass dieser große Traditionsverein eine Zukunft hat.

Der WSV in einem Spiel gegen Fischeln im April 2016. Auf der Tribüne fiebern Oberbürgermeister Andreas Mucke (vorne Mitte) sowie Bürgermeister Marc Schulz (rechts daneben) inklusive Sohn, Vater, Schwester und Tochter (vorne v.l.) mit.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Im Jahr 2016 stieg der Wuppertaler SV aus der Oberliga in die Regionalliga West auf und entfachte eine große Euphorie in der Stadt. Heute, also vier Jahre später, ist davon in der Stadt nichts mehr zu spüren. Dabei steckt in diesem Verein immer noch Potential.

Der WSV hat eine lange Tradition und eine aufregende Geschichte. Außerhalb Wuppertals wird der Verein natürlich immer noch vor allem mit der ersten Bundesliga-Saison nach dem Aufstieg in den 1970ern verbunden. Und oft kommt dann die Frage: „Wo ist der Verein eigentlich jetzt?“ Der Verein braucht also neue Ziele, die neue Perspektiven eröffnen, und vor allem eine Beilegung der Kämpfe der Vergangenheit. Die permanente Wiederholung alter Diskussionen um Schuld und vergangene Fehler wird den Verein nicht retten. Nur, wenn der WSV zum Projekt Vieler wird, hat er eine Zukunft.

Es gibt viele Beispiele dafür, dass in Wuppertal durch das Engagement der Bürgerschaft Großes entstehen kann: Die Junior Uni oder die Nordbahntrasse sind nur zwei sehr prominente Beispiele dafür, dass Wuppertalerinnen und Wuppertaler Unmögliches möglich machen können. Auch ein erfolgreicher Fußballverein wäre für die Stadt ein unschätzbarer Gewinn: Dörfer wie Heidenheim, Sandhausen oder Hoffenheim würde doch ohne die dazugehörigen Clubs niemand kennen. Fußball schafft Identifikation in einer Region, er schafft Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und vor allem Werbewert. Städte wie Leverkusen oder Mönchengladbach müssten pro Jahr mehrere Millionen Euro aufbringen, um eine ähnliche Marketing-Wirkung entfalten zu können, wie sie sie dank ihrer Fußballvereine erreichen. Die Stadt (und damit ist die gesamte Stadtgesellschaft gemeint) hat also gute Gründe, sich für den örtlichen Fußballverein zu engagieren.

Wenn es im Fußball darum ginge, wo am meisten los ist, wäre der WSV sicher erstklassig. Seit Jahrzehnten steckt der Verein immer wieder in Umbrüchen. Ambitionierte Konzepte gab es in den vergangenen 30 Jahren beinahe so viele wie Trainer (34!). Seriosität und Kontinuität sind wichtige Faktoren, um für Unternehmen als Partner interessant zu sein. Leider stand der WSV in der Vergangenheit (von einzelnen Phasen abgesehen) eher für das Gegenteil, ein Engagement für den Club ging oft zu Lasten des persönlichen Ansehens. Die Rückgewinnung von Vertrauen in den Verein ist schwierig, kostet Zeit und wird möglicherweise schnelle sportliche Erfolge zunächst nicht möglich machen können. Trotzdem ist das am Ende der einzige Weg, dem WSV wieder eine echte und nachhaltige Perspektive zu geben. Ziel muss es sein, den Club finanziell breit und unabhängig aufzustellen und ihn transparent und seriös zu führen. Nur so wird man den WSV als Gemeinschaftsprojekt in der Stadtgesellschaft wieder verankern, Partner gewinnen und die Identifikation deutlich erhöhen können. Viele zusammen erreichen mehr als nur wenige allein.

Nicht alle Erfolgsfaktoren hat der Verein selbst in der Hand. Aber eine Sache kann der WSV selber entscheiden: Ob er seine großartige Nachwuchsarbeit zur Grundlage für den zukünftigen sportlichen Erfolg macht. Das Nachwuchsleistungszentrum und die A- und B-Junioren-Bundesligamannschaften sind für einen Regionalligisten herausragende Faktoren, die mit etwas Geduld den Unterschied ausmachen können – nur drei Regionalligisten in Deutschland haben je eine Mannschaft in der U17- und der U19-Bundesliga: Alemannia Aachen, Energie Cottbus - und der WSV. Gerade die Integration eigener Jugendspieler in die erste Mannschaft und ihre sportliche Weiterentwicklung könnte ein Baustein für die Erfolgsgeschichte des WSV in den nächsten Jahren sein.

Die perfekte Symbiose
aus Tradition und Moderne

Hinzu kommt als weiterer Baustein für die Zukunft der Umbau des Stadions, der aus einer historisch bedeutsamen Arena eines der schönsten Stadien Deutschlands machen würde: Die perfekte Symbiose aus Tradition und Moderne, und daher von Verein und Stadt mit Priorität vorangetrieben werden sollte.

Auch wenn sich aktuell nur wenige Menschen öffentlich zum WSV äußern, gibt es in der Stadt immer noch viele Menschen, denen der Verein am Herzen liegt. Viele (auch ich) beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge. Ich möchte, dass dieser große Traditionsverein eine Zukunft hat. Und deshalb verfolge ich als Vereinsmitglied die unterschiedlichen Konzepte und öffentlich vorgetragenen Überlegungen intensiv und mit großem Interesse. Es braucht jetzt ganz viele Engagierte, die sich für die Zukunft des Vereins einsetzen. Und diejenigen, die sich als gewählte Vertreter des WSV in dieser schwierigen Zeit engagieren, haben dafür meinen Respekt, das ist gerade aktuell keine einfache Aufgabe. Sie müssen dafür sorgen, dass am Ende die Mitglieder hinter dem eingeschlagenen Weg stehen. Das ist nicht nur einfach eine Formsache, sondern eine wichtige Voraussetzung für die weitere Identifikation mit dem Verein.

Neulich habe ich in einem Internetforum den Satz gelesen: „Verein kommt von vereinen!“. Ein schöner Leitsatz für die nächsten Monate und Jahre!