"Milch geht weg ohne Ende"
Der Handel belauert die Konkurrenz, und die Kunden sind fast alle entspannt.
Wuppertal. Alles Käse, wird der Verbraucher denken, der ab heute zu Milch und Butter greift. Denn in den Regalen der Supermärkte haben fleißige Hände gleichsam über Nacht die Preisaufkleber an Molkereiprodukten ausgetauscht. Wie heiß der Braten, den der Verband der Milchindustrie angerichtet hat, tatsächlich gegessen wird, muss die Zukunft zeigen. Fest steht: Milch, Käse und ähnliche Molkereiprodukte werden auch in Wuppertal teurer.
Heinz Hartwig vom Rewe-Markt am Werth sieht die Angelegenheit gelassen: "Drei bis acht Prozent, mehr wird langfristig nicht durchzusetzen sein." Der Handel müsse eben auch bestrebt sein, dass er nicht Schaden nehme.
Wesentlich angespannter stellt sich die Situation in anderen Supermärkten dar. "Unser Name bleibt da raus", fordert der Filialleiter eines besonders gut sortierten Hauses in Barmen. Die Butter sei schon
rar geworden und schwer zu bekommen. Ob das Strategie sei oder der Spiegel einer tatsächlichen Verknappung, vermöge er nicht zu beurteilen. Auf die Preise habe sein Unternehmen jedenfalls keinen Einfluss, das komme "von oben" und werde auch bundesweit etabliert. So sehr er selbst auf Anonymität pocht, betont er doch, der Konkurrent Real habe schon im Vorfeld mit den Preisen angezogen.
Anonymität wünscht ebenso die Inhaberin eines Wuppertaler Reformhauses, die eine zentrale Regelung der Preise bestätigt. Über die Vielfalt der Begründungen, mit denen die Steigerungen erklärt werden, ist sie nicht unterrichtet. Ihr erscheint aber durchaus gerechtfertigt, wenn die Erzeuger künftig mehr Profit erwirtschaften. "Aber die Bauern werden wahrscheinlich nicht prozentual gleiche Anteile erhalten." Lukrativ seien Milchprodukte auch für sie nicht. "Das sind Serviceartikel, mit denen nicht viel zu verdienen ist. Die Gewinnspanne ist einfach zu gering."
Wer in Wuppertal nach einem Fachhandel für Molkereiprodukte sucht, hat denn auch Probleme.
Dort, bei Aldi, bestätigt ein Filialleiter: "Milch geht weg ohne Ende." Er habe allerdings keine Ahnung, wie viel Gewinn damit letztlich zu erzielen sei. Ohnehin scheint er der Firmenstrategie zu vertrauen, wusste er doch noch rein gar nichts von geplanten Preiserhöhungen.
Der Handel im Tal belauert sich bei den Preisentwicklungen offenbar hartnäckig - der Konkurrenzkampf ist hart. "Unsere Konkurrenten sind die Discounter", erläutert denn auch Rewe-Filialeiter Hartwig. "Rewe wird bemüht sein, deren Preise zu begleiten." Eine Erhöhung sei allerdings längst fällig gewesen, sagt er.
Siegfried Fritsch war gestern in einem Supermarkt am Otto-Hausmann-Ring unterwegs und hatte Milch, Joghurt, Kefir und Butter in seinem Einkaufwagen - Hamsterkäufe seien das aber keine, wie er auf WZ-Nachfrage erklärte. Von Angst vor Preiserhöhungen offenbar keine Spur.
So sieht das auch Martina Kunze-Olu, die keine Probleme damit hat, wenn Milchprodukte teurer werden. Voraussetzung für diese entspannte Haltung bei ihr ist jedoch, dass auch die Bauern von den höheren Preisen profitieren, wie sie sagt.
Lori Wiegand-Wagemann ist nicht ganz so entspannt. Die ältere Dame hat vorsorglich ein wenig mehr Butter eingekauft. Dass die Preise steigen, ist ihr ein Dorn im Auge, weil besonders Kinder viel Milch trinken sollten. Nun befürchtet sie, dass höhere Preise dafür sorgen könnten, dass Familien weniger Milch für Kinder kaufen.
Als "nicht mehr realistisch" bezeichnet Bärbel Böse die angekündigten Preiserhöhungen von 50 Prozent. 15 oder 20 Prozent seien ihrer Meinung nach noch in Ordnung. Ihr Kaufverhalten hat sie indes nicht geändert.
Zehn Päckchen Milch hatte Susanne Kliem bereits gestern Mittag in ihrem Einkaufswagen und war auf der Suche nach der Butter. Die Mutter empfindet die avisierte Preiserhöhung zwar nicht als dramatisch, hat sich jedoch trotzdem einen kleinen Vorrat angelegt. Susanne Kliem befürchtet allerdings, dass die Bauern nichts von den höheren Preisen haben. Ob das in der Tat so ist, das lesen Sie auf: