Rikscha des Nachbarschaftsheims Mit der Grinse-Maschine durch Wuppertal

Varresbeck · Unsere Zeitung war mit der Rikscha auf der Nordbahntrasse unterwegs.

Michael Spitzer (von links), WZ-Volontärin Leslie Jil Stracke und Rhaban Rau stehen am Bahnhof Varresbeck.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Einen passenderen Begriff als „Grinse-Maschine“ hätte Rainer Stephan, ehrenamtlicher Rikscha-Fahrer (sogenannter „Kapitän“) für das Gefährt wohl nicht finden können, das am Montagvormittag ganz lautlos und flink auf der Nordbahntrasse unterwegs war. Denn tatsächlich schafft es die Rikscha des Nachbarschaftsheims Wuppertal, für ein Strahlen zu sorgen: bei den Menschen an Bord, aber auch bei denen, an denen sie vorbeifuhr.

Am Steuer saß Rhaban Rau. Auch er fährt ehrenamtlich Rikscha, ist neben Rainer Stephan einer von zwei „Kapitänen“, die hierfür extra mittels Lehrgang in Bonn ausgebildet wurden. Acht weitere Fahrer, die wiederum „Piloten“ genannt werden, haben die beiden angelernt. So sind es insgesamt zehn Ehrenamtler, die Seniorinnen und Senioren sowie gesundheitlich eingeschränkten Menschen Rikschafahrten durchs Tal ermöglichen.

Erlebnisse, die für Begeisterung sorgen

„Das war das schönste Erlebnis, das meine Frau und ich in diesem Jahr genossen haben“: Diese Nachricht erreichte die WZ vor einigen Wochen per Telefon. Am anderen Ende des Hörers war Aktion V-Vorsitzender Michael Spitzer. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er eine solche Rikschafahrt unternommen und zeigte sich mehr als begeistert von dem, was die beiden gemeinsam erlebt hatten – scheinbar so sehr, dass er die WZ direkt zu einer gemeinsamen Rikschafahrt einlud.

Gesagt, getan: Und so rollte die Rikscha am besagten Montagmorgen von seinem Wohnsitz in Elberfeld direkt auf die Trasse. Und das mit purem Komfort. Denn auf dem gepolsterten Sitz mit der elektrisch verstellbaren Fußablage, einem Sicherheitsgurt und einer Stange für die Hände saß es sich freilich bequem. Startpunkt der Tour über die Trasse war der Varresbecker Bahnhof. Wo sich zu EM-Zeiten vor einigen Wochen noch zahlreiche Fußballfans tummelten, machte sich hier nun vor allem eine morgendliche Idylle breit. Und auch das Wetter schien, als sei es extra für die Fahrt geordert worden: ein knallblauer Himmel, nur hier und da vereinzelt mal ein Wölkchen und die strahlende Sonne, die auch zur frühen Uhrzeit bereits genug Kraft besaß, um für genügend Wärme zu sorgen. Nur in den Tunneln, die auf der Nordbahntrasse ja keine Seltenheit sind, wurde es zwischendurch mal kühl – an besonders heißen Tagen wohl eine mehr als willkommene Abwechslung.

Wer auf der Trasse unterwegs ist, der hat links und rechts eine ganze Menge zu entdecken – große und kleine Besonderheiten, auf die Rikschakapitän Rhaban Rau während der Fahrt aufmerksam machte. In voller Blüte waren die großen Fliederbüsche, die die Flächen abseits des geteerten Fahr- und Fußgängerwegs schmücken. Und auch ein paar Menschen waren im Grün unterwegs, pflückten Brombeeren, wie Rhaban Rau verriet.

Dass er mit seine Fahrgästen ins Gespräch kommt, „ist eigentlich Sinn der Sache“, so der Kapitän, der gerne Zeit an der frischen Luft verbringt und sich bewegt und unter anderem deshalb seine Rente nun als Ehrenamtler verbringt. „Wir fahren nicht einfach nur durch die Gegend, sondern unterhalten uns auch. Man hat ja Zeit. Da kommen dann auch mal ganz persönliche Dinge heraus.“ Manchmal erfahre er so auch von den Schicksalen mancher Menschen, etwa dann, wenn Bewohner von Hospizen mit ihm in der Rikscha fahren. „Das spricht ja dann aber eher für ihre Freude am Leben – und ich lerne so, wie sie mit dem Rest ihres Lebens umgehen.“ Wenn Menschen beim Nachbarschaftsheim eine Rikschafahrt buchen, können sie selbst entscheiden, wo diese entlangführen soll. Rhaban Rau selbst fährt am liebsten durch die Stadt – denn „da kann man zwischendurch auch mal ein Eis essen.“

Auch Michael Spitzer zeigte sich von seiner erneuten Fahrt mit der Rikscha angetan, die mittlerweile seine neunte war. „Früher bin ich die ganze Strecke hier auf der Trasse mit dem Zug gefahren“, erzählte er. „Das war ja früher eine Zugstrecke – und daran fühle ich mich heute zurückerinnert.“ Eine zehnte Rikschafahrt werde es definitiv in Zukunft geben – dann am liebsten durch seine Heimat Vohwinkel.