Neue Ufer fordert bessere Planung

Dajana Meier, Vorsitzende des Vereins, kritisiert die Stadt: Sie will weniger Beschränkung und mehr Zugang zum Wupperufer.

Foto: Anna Schwartz

Den Stadtfluss erlebbar zu machen und sich ihm zuzuwenden: Darum geht es dem Verein Neue Ufer, der sich seit rund drei Jahren insbesondere für Zugänge zur Wupper engagiert.

Ein großes Thema ist dabei die sogenannte Verkehrssicherungspflicht, unter anderem Haftungsfragen und Beschränkungen durch Schilder wie am Beer-Sheva-Ufer (siehe Foto). Dajana Meier, Vorsitzende des Vereins Neue Ufer, hofft auf mehr Initiative von Stadt und Wupperverband. Frau Meier, Sie würden sich viel mehr Zugänge zur Wupper wünschen, was steht der Schaffung im Weg?

Dajana Meier: Unter anderem die Stadt. Das Thema „Lebensader Wupper“ ist seit Jahrzehnten in Programmen zu finden, passiert sind vier Zugänge in vierzig Jahren. Schon damals war man beim Rechtsamt und KSA (Kommunaler Schadensausgleich, der Versicherer der Städte) offenbar der Auffassung, dass die Wuppertaler nicht mit ihrem Fluss umgehen können und freier Zugang zum Ufer deshalb gefährlich sei. Diese Ansicht erweist sich in Verwaltungskreisen als sehr zählebig. Inwiefern?

Meier: Die Verwaltung verweist unserer Erfahrung nach stets auf das Thema Verkehrssicherheit, sobald es an konkrete Vorhaben geht. Die Furcht vor Verantwortung und Haftungsansprüchen ist nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg noch größer geworden als sie es die letzten 40 Jahre ohnehin schon war. Die Verwaltung muss nachweisen, dass sie alles unternimmt, um ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen, um im Ernstfall nicht haftbar gemacht zu werden. Es ist aber doch verständlich, dass sich die Stadt absichern will?

Meier: Das Rechtsamt zieht sich darauf zurück, dass jeder Zugang immer eine Einzelfallbetrachtung sei und man an jedem konkreten Ort prüfen müsse, was machbar und was zu gefährlich ist. Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden. Fakt ist aber, dass diese Einzelfallbetrachtungen in der Regel so restriktiv ausfallen, dass Baumaßnahmen verhindert werden. Starkregen und plötzlich auftretendes Hochwasser scheinen besondere Knackpunkte in Sachen Verkehrssicherungspflicht zu sein.

Meier: Es geht dabei um die Frage, wie man sich bei Starkregen schnell vom steigenden Wasser entfernen kann, in welcher Zeit und Distanz ein Ausstieg möglich sein sollte. Wären demnach mehr Not-Ausstiege sinnvoll?

Meier: Ja, die Lösung könnte darin bestehen, mehr Rettungsausstiege beziehungsweise Notleitern in regelmäßigen Abständen bereitzustellen. So dass man sich von möglichst vielen Stellen aus zurückziehen kann, wenn man merkt, dass man nasse Füße bekommt. Das Prinzip kennt man von Radwegen entlang der Kanäle im Ruhrgebiet, so ist sichergestellt, dass man wieder raus kommt, wenn man reingefallen ist. Ein Argument wäre, dass es für die Einrichtung solcher Ausstiege kein Geld gibt.

Meier: Es gibt bereits zahlreiche Ausstiege als Revisionsleitern für das Schwebebahngerüst. Sie müssten nur ergänzt werden. Und wenn man beispielsweise die Dezernentendiskussion betrachtet, kommt man zum Schluss: Offensichtlich kann man immer Geldquellen finden, wenn man es denn nur will. Was erwarten Sie von der Stadt?

Meier: Eine vernünftige Stadtplanung, die der Wupper die Rolle verschafft, die ihr zusteht: die Mitte der Stadt und ihre Existenzgrundlage. Wir würden uns wünschen, dass die Verwaltung in diesem Sinne tätig wird und mehr zu der grundsätzlichen Haltung findet, die Leute nicht von der Wupper fernzuhalten, sondern Möglichkeiten zu suchen, sie an den Fluss heranzuführen. Dann könnte man auch auf Warn-Schilder am Wupperufer verzichten.

Meier: Auf die könnte man in der Tat verzichten — idealerweise zugunsten von Hinweisen auf den nächsten Ausstieg. Das dürfte angesichts von Ufermauern und alten Fabrikanlagen stellenweise schwierig sein. Ist Wuppertal mit seiner langen Industriegeschichte und der entsprechenden Nutzung des Flusses ein Sonderfall?

Meier: Erstens muss nicht jeder überall hingehen können — wir wollen ja auch Ruhezonen für die wieder erblühende Flora und Fauna haben, da sind die Privatgrundstücke am Flussufer ganz hilfreich. Zweitens ist die Wupper kein Sonderfall, wie man am Beispiel Hagen und seinem Stadtfluss, der Volme, sieht. Die Volme ist ebenfalls ein Mittelgebirgsfluss, sie kann auch Hochwasser führen — doch im Hagener Zentrum sind Trittsteine im Wasser gebaut worden. Dort führt man die Leute quasi mitten in den Fluss. Und wir fragen uns und die Verwaltung: Herrschen in Hagen andere Gesetze als in Wuppertal?