Soziales 885 Wuppertaler leben auf der Straße

Die Zahl der Menschen, die obdachlos sind, nimmt auch in Wuppertal zu. Die öffentlichen Schlafstellen der Stadt mussten bereits ausgebaut werden.

885 Menschen haben in Wuppertal kein Dach über dem Kopf.

Foto: dpa/Paul Zinken

Sie haben keine eigene Wohnung und können auch nicht mehr bei Freunden oder Bekannten übernachten. Die Zahl der Menschen, die obdachlos sind, nimmt auch in Wuppertal zu. Die 24 Männer- und zwölf Frauen-Schlafstellen der Stadt waren schon im Sommer oft fast oder mehr als ausgebucht. Daher wurden inzwischen zusätzliche Plätze geschaffen.

Das Land geht zum Stichtag 30. Juni 2017 von 885 Menschen ohne Wohnung in Wuppertal aus. Die Zahl ist in den letzten Jahren stark gestiegen. So gab es demnach 2011 noch 386 Wohnungslose. 2012 waren es 359, im Jahr darauf 416, im Jahr 2014 dann 518. Nachdem 2015 520 Menschen ohne Wohnung gezählt worden waren, stieg die Zahl 2016 auf 750. Gleichzeitig ist laut Stadt die Zahl der als „Draußenschläfer“ geltenden Menschen allerdings konstant bei etwa 30 geblieben.

Die Zahl der Not-Übernachtungen ist stark gestiegen

Für die Politik hat die Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH, die sich in Wuppertal um die Obdachlosen kümmert, kürzlich aktuelle Daten zusammengetragen: Danach ist die Zahl der Übernachtungen in den beiden Schlafstellen pro Jahr von 7805 im Jahr 2014 auf 9669 im Jahr 2017 gestiegen. Die Diakonie-Mitarbeiter zählen auch ihre Beratungen pro Jahr: Sie stieg von 1333 im Jahr 2014 auf 1848 im Jahr 2017.

„Es hat sich auf einem sehr hohen Niveau eingependelt“, sagt Cornelia Lieto, Bereichsleiterin der Gefährdetenhilfe bei der Diakonie. Sie schätzt, dass sich die Beratungen in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben. Und sie berichtet, dass in der Schlafstelle für Frauen an der Deweerthstraße eigentlich ständig Notbetten aufgestellt werden müssten, weil die zwölf regulären Betten nicht reichen.

In Wuppertal seien sich die beteiligten Stellen des Problems bewusst. „Die Stadt ist sehr offen, wir suchen nach Lösungen.“ Unter anderem habe die Stadt eine Wohnung zur Verfügung gestellt, in der bis zu vier Frauen in einer betreuten Wohngemeinschaft leben können - so dass Schlafplätze wieder frei werden.

Auch für die Männer gibt es inzwischen zusätzliche Plätze: An der Friedrich-Ebert-Straße, wo eine Flüchtlingsunterkunft und die Männerschlafstelle in nebeneinander liegenden Gebäudeteilen untergebracht sind, wurden jetzt einige Flüchtlingsräume dem Gebäudeteil für Obdachlose zugeordnet. Dadurch entstanden zusätzlich zwölf Schlafplätze.

Sorge bereiten den Zuständigen die Menschen, die aus EU-Ländern wie Rumänien, aber auch Polen und Griechenland nach Wuppertal zur Arbeitssuche kommen und nicht wie geplant Fuß fassen. Denn wenn sie keine Arbeit finden, greift kein soziales Netz und gibt es keinerlei Sozialleistungen. „Wenn die Bekannten, bei denen sie untergekommen sind, ihre Couch wieder haben wollen, stehen sie auf der Straße“, sagt Jürgen Lemmer, Leiter des Ressorts Zuwanderung. Hier bietet das Kooperationsprogramm „Valponto“, an dem Caritas, Stadt, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und Internationalem Bund beteiligt sind, jetzt eine besondere Unterstützung: Gekoppelt an Hilfe zur Jobsuche oder Möglichkeiten der Rückkehr, bieten sie den Menschen auch vorübergehend einen Schlafplatz an. 15 Menschen können dort versorgt werden.

Auf eine Anfrage der Fraktion der Linken zum Thema Obdachlosigkeit erläutert die Stadt, dass die Verwaltung unterschiedliche Modelle der Unterbringung Wohnungsloser prüfe. So habe die Diakonie ein Konzept für Obdachlose mit psychischen Problemen entwickelt, für das es bisher aber noch keine Finanzierung gebe. Die Verwaltung unterstütze zwei Träger, die sich an dem geförderten Projekt „Housing First“ (Wohnung zuerst) anschließen, bei dem Wohnungslose, anders als bisher, erst eine Wohnung erhalten. Danach kümmern sich die zuständigen Stellen um die anderen Probleme des Hilfsbedürftigen. Die Stadt versuche, Träger zu motivieren, Wohnungen anzumieten, die dann untervermietet werden.

Im Frühjahr gab es einen Arbeitstreffen von Vertretern der Wohnungswirtschaft und von Sozialen Diensten, um Möglichkeiten für eine engere Kooperation auszuloten. Mit der Unterstützung eines Beratungsunternehmens und der Förderung des Landes werde im nächsten Jahr außerdem das Gesamtsystem der Wohnungslosen-Hilfe weiter entwickelt, heißt es in der Antwort der Verwaltung an die Linke.