Prozess um Überfall auf Buchhändlerin (77)
Ein 19- und ein 20-Jähriger waren am frühen Nachmittag in das Barmer Geschäft gestürmt, hatten unter anderem die Inhaberin um den Hals gefasst.
„Sie war aschfahl und zitterte am ganzen Körper.“ So fand die Zeugin (66) die Inhaberin (77) der kleinen Buchhandlung in Barmen vor. Die Zeugin hatte am 20. November 2015 in der Antiquariats-Abteilung gestöbert, als die 77-Jährige überfallen und dabei am Hals umklammert wurde. Zwei junge Männer, 19 und 20 Jahre alt, standen deshalb am Freitag vor dem Amtsgericht.
„Ich suchte gerade nach Sachen von Hermann Hesse“, erinnerte sich die Kundin. „Da hörte ich einen entsetzlichen Aufschrei und ein Getöse.“ Sie habe vorsichtig um die Ecke gesehen: „Ich sah nur noch zwei Beine durch die Tür verschwinden.“ Auf einem Stuhl habe sichtlich geschockt die Inhaberin gesessen, vor ihr lag ein umgestürzter Tisch. Die Kundin schickte geistesgegenwärtig einen Radfahrer hinter den Tätern her, die Inhaberin rief die Polizei. Und schilderte der Kundin den Überfall. „Am schlimmsten war wohl der Zugriff am Hals“, berichtete die Zeugin dem Gericht. „Das war furchtbar für sie.“ Die Polizei protokollierte Rötungen am Hals der Inhaberin.
Weil das alles die 77-Jährige sehr mitgenommen hat, war das Gericht bemüht, ihr eine Zeugenaussage zu ersparen. Das gelang, weil die Angeklagten die Vorwürfe einräumten.
Sie seien an dem Tag einfach umhergelaufen. „Wir hatten kein Geld und wussten nicht, was wir machen sollen.“ Auf die Idee des Überfalls seien sie erst gekommen, als sie an der Buchhandlung vorbeikamen und sahen wie die Inhaberin an der Kasse hantierte, „da sind wir spontan rein“, sagte der 19-Jährige. Wer den Vorschlag machte — daran könnten sie sich nicht erinnern.
Klar sei gewesen, dass der 20-Jährige die Inhaberin festhält, der 19-Jährige das Geld aus der Kasse holt. Er habe die 77-Jährige von hinten umfasst, gab der ältere zu: „Ich habe den Arm über ihre Brust gelegt.“ Dass er ihren Hals anfasste, fiel ihm schwer zuzugeben. Sein Anwalt griff ein: „Wir können es nicht ausschließen. Das ist ein Geständnis.“
Der 19-Jährige hatte vergeblich versucht, die Kasse zu öffnen. Daher waren sie ohne Beute geflohen. Wegen des Verfolgers auf dem Rad trennten sie sich. Den 19-Jährigen fasste die Polizei an der Adlerbrücke, der 20-Jährige stellte sich am nächsten Tag. Einen Monat saßen sie in Untersuchungshaft in Ronsdorf.
Weil sie alles zugaben, so der 77-Jährigen die Aussage ersparten, ihr auch einen Entschuldigungsbrief geschrieben haben, fiel das Urteil milde aus: Jeweils ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung. Als Bewährungsauflagen muss der 19-jährige seine Therapie fortsetzen und 160 Arbeitsstunden leisten. Der 20-Jährige muss seine Arbeitsstelle als Lagerhelfer behalten und der 77-Jährigen 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen.