Schostakowitschs Melancholie
Bei „Uptown Classics“ spielten die Sinfoniker das Opus 110a des Komponisten.
Die Koffer waren bestimmt schon gepackt oder Wohnmobile ausgerüstet, als Mitglieder des Sinfonieorchesters Wuppertal ein letztes Mal kurz vor den Theaterferien zu einem Konzert baten. Es handelte sich um die vierte Auflage der Reihe „Uptown Classics“ dieser Spielzeit im gut besuchten Kulturzentrum Immanuel. Werke des Barock, der Wiener Klassik und aus der Mitte des letzten Jahrhunderts standen auf dem Programm.
Getrost kann Dmitri Schostakowitschs Opus 110a als Hauptwerk des Abends angesehen werden. Dabei handelt es sich um sein achtes Streichquartett (op. 110) aus dem Jahr 1960, das der Bratscher und Dirigent Rudolf Barschai für Streichorchester einrichtete.
Die Fassung wurde vom Komponisten autorisiert, der sie in sein Werkverzeichnis aufnahm. Sie hält sich streng an das Original, klingt nur wegen der zusätzlichen Kontrabässe satter, sinfonischer und wegen der manchmal in sich geteilten Streichergruppen subtiler.
Übrigens stammt die Widmung „Im Gedenken an die Opfer des Faschismus des Krieges“ nicht von Schostakowitsch selbst, sondern wurde wohl auf Druck Moskaus mit dieser Ergänzung publiziert.
Wenn man bedenkt, dass er in diesen fünf Sätzen Teile anderer seiner Werke (1. und 5. Sinfonie, 1. Cellokonzert, 2. Klaviertrio, Oper „Lady Macbeth von Mzensk“) verwendet, die seinen Stress mit dem Sowjetregime ausdrücken, kann dieses, sein musikalisches Testament durchaus als regime-kritisches Werk angesehen werden.
Unter dem genauen Dirigat von Julia Jones brachten die Streicher die Kontraste zwischen dissonanten, freitonalen Strukturen und reiner Tonalität, die ganze Melancholie wie etwa den cis-Moll-Klagegesang im mittleren Abschnitt des vierten Satzes klar zum Ausdruck. Nur hätten die Klanghärten im Allegro molto und die perkussiven Akkordschläge im zweiten Largo gemeiner, schärfer herausgearbeitet werden können.
Dagegen waren die anderen Programmpunkte schlicht gefällig. Zwei Sinfonias aus Alessandro Scarlattis Oper „La Griselda“ und Joseph Haydns Ouvertüre zur Oper „L’incontro improvviso“ kamen lebhaft-kultiviert von der Bühne.
Außerdem demonstrierten zwei Sinfonikerinnen solistisch ihr hohes musikalisches Niveau. Ulrike Siebler faszinierte bei Antonio Vivaldis Konzert für Piccoloflöte, Streicher und Basso continuo in C-Dur mit hoher Virtuosität. Genauso meisterhaft kamen die Töne aus Selina Lohmüllers D-Klarinette, als Johann Melchior Molters A-Dur-Konzert für dieses Instrument und Orchester aufgeführt wurde.