Schüler unterrichten Schüler am Computer
Ein Projekt des Berufskollegs Niederberg in Velbert soll Vorbild für Schulen in Wuppertal werden.
Es ist ein Projekt, das auch in Wuppertal im wahrsten Sinne des Wortes Schule machen könnte. Am Berufskolleg Niederberg in Velbert werden von den Jugendlichen im dortigen Bildungsgang Informatikkurse für Grundschüler durchgeführt. Davon sollen beide Seiten profitieren. Die älteren Schüler üben in der Praxis den Umgang mit unterschiedlichen Lerngruppen. Das ist für ihre spätere Laufbahn als informationstechnische Assistenten wichtig.
Wuppertaler
Schulzeit
Die Grundschüler schätzen wiederum den unkomplizierten Austausch auf Augenhöhe mit den jungen Kursleitern. Dieses erfolgreiche Prinzip wird in der bergischen Metropole schon länger aufmerksam verfolgt. Auch das Berufskolleg ist für eine Zusammenarbeit offen. „Wir können uns gut vorstellen, dieses Konzept nach Wuppertal zu exportieren“, sagt Schulleiter Christian Hoppe. Er und seine Kollegen seien gerne bereit, ihre Erfahrungen weiterzugeben. „Es ist naheliegend, das in der Nachbarstadt aufzubauen“, sagt Hoppe.
Das findet auch Bärbel Hillger, Leiterin des Vereins Ogata. Dieser ist an vielen Wuppertaler Schulen Träger der Ganztagsbetreuung. „Wir finden das Projekt in Velbert sehr spannend, allerdings müssen wir noch schauen, wie das konkret umgesetzt werden kann“, sagt Hillger. Vor allem die Finanzierung sei eine schwierige Hürde. Erste Ergebnisse könne es frühestens in den kommenden Wochen geben.
Am Berufskolleg läuft das Projekt dagegen schon seit 13 Jahren. Grundschüler der Klassen drei und vier werden im Umgang mit dem PC angeleitet. „Wir möchten ihnen sinnvolle Möglichkeiten außer Chatten und Spielen aufzeigen“, sagt Mitinitiatorin Christel Zimmer. Für viele Kinder sei das immer noch eine gute Chance, da sie in ihren Elternhäusern oft ohne Computer groß würden, oder ihn nicht benutzen dürften.
An diesem Nachmittag sind zehn Grundschüler zwischen neun und zehn Jahren mit großer Begeisterung bei der Sache. Sie entwerfen mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms Grußkarten für ihre Eltern. Die neunjährige Lilaf sucht dafür auf dem Computer nach passenden Bildern und fügt sie in die Vorlage ein. „Das ist gar nicht schwer“, sagt sie erfreut. Nebenan hat der neunjährige André schon einige Schriftarten ausprobiert. Auch seine Karte nimmt immer mehr Form an. „Das macht echt Spaß“, berichtet er.
„Die Schüler fiebern immer schon lange im Voraus auf die Kurse hin“, berichtet Betreuerin Julia Öztürk von der Albert-Schweitzer-Gemeinschaftsgrundschule. Anderthalb Monate lang werden die Kinder einmal pro Woche mit Bussen an das Berufskolleg gebracht — und machen schnell Fortschritte. „Vorher kennen sie meist nur den Umgang mit dem Handy und entsprechenden Apps“, sagt Kirsten Sme, Koordinatorin vom Sozialdienst katholischer Frauen und Männer in Mettmann (SKFM). Dieser sorgt unter anderem für den Transport der Kinder.
Christian Hoppe verweist auf die zahlreichen Synergieeffekte des Projekts. „Der Kontakt zwischen den Kindern und den Schülern des Berufskollegs ist sehr direkt“, erklärt er. Letztere könnten sich durch ihr Alter gut in die Grundschüler hineinversetzen. Das bestätigt Moritz Schäfer (19), der die Kurse als Kind selber erlebt hat. „Wichtig ist es, den Kindern die Arbeit am PC Schritt für Schritt beizubringen, dann haben sie schnell Erfolgserlebnisse“, berichtet er.
Im Rahmen des Projekts werden auch Realschüler an das Thema herangeführt. Dafür ist Informatiklehrer Stefan Häring zuständig. „Der sichere Umgang mit Textverarbeitung, HTML-Programmierung sowie Video- und Grafikbearbeitung ist heute auch bei Jugendlichen alles andere als selbstverständlich“, sagt Häring. In seiner Altersgruppe beobachtet das auch Informatikschüler Simon Braeske (18). „Dabei sind PC-Kenntnisse im digitalen Zeitalter in fast allen Berufsfeldern wichtig“, betont er. Das Interesse aus Wuppertal bestätigt jetzt noch einmal die Bedeutung des Projekts. 2010 gewann es einen Schulpreis, der unter anderem von der Westdeutschen Zeitung vergeben wurde.