Lernen unter Corona-Bedingungen So lief der Start für die Viertklässler in Wuppertal

Wuppertal · Nach sieben Wochen ohne Schule sind die Kinder der vierten Klassen am Donnerstag in ihre Schulen zurückgekehrt. Die Kinder waren ernst, Übermut war nicht zu sehen.

Mit Mundschutz begrüßen Lehrerin Sofie Weißhaar und Schuleiter Richard Voß die Viertklässler bereits vor der Grundschule Nützenberg.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Nach sieben Wochen ohne Schule kehrten die Kinder der vierten Klassen am Donnerstag in ihre Schulen zurück. Den Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen hatten Schulleitungen und Lehrer vorher sorgfältig vorbereitet. Kommende Woche werden weitere Jahrgangsstufen in die Schulen zurückkehren.

An den Grundschulen machen die Viertklässler für zwei Tage den Anfang. Am Montag bleiben sie wieder zu Hause, dann kommen die anderen Grundschüler, an jedem Tag jeweils ein Jahrgang. An den weiterführenden Schulen haben die Prüfungsklassen (Abitur- und zehnte Klassen) bereits vor zwei Wochen den Schulbesuch wieder aufgenommen. Für sie beginnen nächste Woche die Prüfungen.

Gleichzeitig kommen an Real- und Hauptschulen ab Montag weitere Jahrgänge, immer ein bis zwei Stufen pro Tag. An Gymnasien und Gesamtschulen, an denen Abitur gemacht wird, erhalten je nach Kapazität jüngere Jahrgänge Unterricht. Spätestens am 26. Mai soll auch dort für alle die Schule wieder beginnen. Aber für alle gilt: Es wird nur einzelne Tage Präsenzunterricht geben, kombiniert mit weiterem Lernen zu Hause. „Ein komplexes System“, so Schuldezernent Stefan Kühn. Und jede Schule müsse für sich einen Weg finden, Schule nach den neuen Regeln zu organisieren.

„Ich finde gut, dass wir uns mal sehen und nicht nur schreiben“

„Wie geht es dir? Geht‘s dir gut?“ Schulleiter Richard Voß begrüßte am Donnerstagmorgen jedes Kind persönlich, das am Schulhof der Grundschule Am Nützenberg ankam. Er nannte mit Lehrerin Sofie Weißhaar den Kindern am Tor ihren Klassenraum. Denn die drei Klassen wurden auf sechs Räume verteilt.

Fast alle Jungen und Mädchen hatten einen Mund-Nase-Schutz auf. Da brauchte Richard Voß kaum eine der bunten Stoffmasken aus der großen Kiste neben ihm zu verteilen, die Eltern genäht hatten. Die Kinder waren ernst, Übermut war nicht zu sehen. Auf WZ-Nachfrage wären zwar einige lieber zu Hause geblieben, Ferres etwa erzählt vom Fernsehen. Und Lilo fand besser, selbst zu entscheiden, wann sie lernt. Andere aber freuten sich: „In der Schule kann man Spaß haben und lernen“, erklärt Alea. Ilia sagt:„Ich finde sehr gut, dass wir uns mal sehen und nicht nur schreiben.“ Und Alischa sagt: „Ich freue mich, dass ich meine Klassenkameraden sehen kann.“

Damit sich die Kinder nicht am Eingang knubbeln, hatten die Lehrer gelbe Streifen auf den Zuweg gesprüht, um den nötigen Abstand zu markieren. Auf den achteten die Kinder auch. Vielleicht hat das Video auf der Schulhomepage geholfen. Darin führen einige Schüler vor, wie sich jetzt alle verhalten müssen.

In den Klassenzimmern waren die Tische für jeden Schüler gekennzeichnet, auf jedem Tisch lag eine Begrüßungskarte mit einer kleinen Schachtel Schmarties. Und ein vorgefertigtes Blatt Papier, auf dem die Kinder ihre Masken während des Unterrichts ablegen können. Die Maske sollen sie auf Wegen zur Toilette und in der Pause tragen. „Die Regel heißt: ,Steh‘ ich auf, Maske an‘“, erklärt Richard Voß.

Am ersten Schultag seit langem gab es erstmal viel zu erzählen. Erst später ging es um Deutsch und Mathe. Und in den Pausen wurde zwar draußen gespielt, aber dabei auf Abstand geachtet. „Die Kinder haben sich gut und vernünftig verhalten“, lobt Richard Voß. „Man merkt, dass sie gut vorbereitet waren.

Auch Babette Teichmann, Leiterin der Grundschule Mercklinghausstraße in Langerfeld berichtet, dass die Kinder am ersten Tag sehr ruhig waren – aber froh, die anderen Kinder und die Lehrer wiederzusehen. Die Trennung der Klassen in zwei Hälften sei ihnen schwer gefallen – die musste auch auf dem Schulhof eingehalten werden.

Auch hier durften die Kinder erst erzählen. Und die Lehrer merkten, wie unterschiedlich das Homeschooling gelungen ist. Manche Kinder schwärmten von den Erklärvideos, die die Lehrer gedreht hatten, andere hatten kaum Zugang dazu, weil etwa die Familie nur ein Handy hat. Sie würden jetzt den Lernstand der Kinder prüfen und das weitere Lernen stark individualisieren, kündigt Babette Teichmann an – angeknüpft an dem Stand, auf dem die Kinder jeweils sind.

Die unterschiedliche Qualität des Homeschoolings kritisiert auch Rüdiger Bein, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft. Hinsichtlich der Corona-Regeln befürchtet er, dass sich die Kinder nicht immer daran halten. Aber er begrüßt, dass die Schule den Betrieb wieder aufgenommen hat. „Auf jeden Fall ist es gut, eine Perspektive zu haben.“ Davon profitierten Kinder und Eltern. „Wir müssen Schritt für Schritt zurückfinden in die Wirklichkeit.“