Wuppertal Sechs Monate bis zum Sprachkurs
Bis Flüchtlinge Deutschunterricht erhalten, vergeht einige Zeit. Ehrenamtler helfen, die Zeit zu überbrücken.
Wuppertal. Sprache ist der Schlüssel zur Integration — eine Binsenweisheit. Dennoch dauert es, bis die Neuankömmlinge professionellen Unterricht erhalten. Nach dem großen Andrang entspannt sich die Lage nur langsam.
Etwa fünf bis sechs Monate dauert es von der Ankunft in Wuppertal, bis ein Zuwanderer schließlich in einem der staatlichen Integrationskurse sitzt. Denn zunächst ist der Aufenthaltsstatus zu klären. Denn nur wer als Asylbewerber oder Flüchtling anerkannt ist, hat einen Anspruch auf den Kurs mit insgesamt 900 Unterrichtsstunden, der neben Sprachunterricht auch Einheiten zu deutscher Kultur, Recht und Gesellschaft umfasst.
Darüber hinaus dürfen Flüchtlinge aus bestimmten Ländern, bei denen eine hohe Wahrscheilichkeit der Anerkennung besteht, schon während des Asylverfahrens solche Kurse besuchen. Dazu gehören Menschen aus Syrien, Irak, Iran, Somalia und Eritrea. Ist die Berechtigung festgestellt, werden die Sprach- und sonstigen Vorkenntnisse eingestuft, damit in den passenden Kurs vermittelt werden kann.
„Wir gehen allein bei den Integrationskursen von weit über 2000 Teilnehmern aus“, sagt Hans-Jürgen Lemmer, Leiter des Ressorts für Zuwanderung und Integration. Dazu gibt es zahlreiche weitere Angebote: „Es läuft ein Riesenpaket an Sprachkursen“, so Lemmer. Genaue Zahlen kann er kurzfristig nicht nennen, zu umfangreich und unterschiedlich ist das Angebot. Es reicht von den Einstiegskursen, die Flüchtlings-Initiativen und Sozialverbände anbieten, über Alphabetisierungskurse bis zu Spezialkursen, um qualifizierten Flüchtlingen den Einstieg in den Beruf zu ermöglichen, zum Beispiel Pflegekräften, Medizinern und Ingenieuren.
Jobcenter und Arbeitsagentur entwickeln zunehmend Maßnahmen, bei denen Berufsorientierung und -qualifizierung mit Sprachtraining kombiniert werden. „Wir haben derzeit rund 300 Flüchtlinge in Programmen mit sprachlichem Beiprogramm“, so Thomas Lenz vom Jobcenter. „Wir könnten mehr machen, aber die Lehrer fehlen“, bedauert er. Er weiß, dass die Wartezeit, in der die Flüchtlinge kaum Beschäftigung haben, schwer für sie ist: „Das dient nicht der Integration.“ Am besten wäre es, wenn sie sofort einsteigen könnten.
15 Institutionen in Wuppertal bieten Sprach- und Integrationskurse an, die Akzentschule ist eine davon. Über 20 verschiedene Kurse laufen dort derzeit, darunter auch Alphabetisierungskurse und spezielle Kurse für Eltern. „Wir haben für viele Kurse Wartelisten“, berichtet Mitarbeiterin Nadja Freimann.
Auch sie weiß, dass Lehrkräfte fehlen — „wir haben zum Glück einen Stamm guter Lehrer“. Aber sie suchten noch mehr Lehrkräfte für weitere geplante Angebote. Wer in den den staatlich finanzierten Integrationskursen unterrichten will, braucht eine Zulassung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Die erhalten zum Beispiel ausgebildete Lehrer, Germanisten oder Dolmetscher mit einer Zusatzqualifikation als „Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache“. Die können Interessierte im Bildungszentrum des Internationalen Bunds West am Arrenberg erwerben. Sie umfasst je nach Vorbildung 70 oder 140 Stunden. „Wir machen in diesem Jahr doppelt so viele Kurse wie im letzten Jahr“, bestätigt Koordinatorin Beate Meyer. Im letzten Jahr seien es fünf gewesen, in diesem Jahr neun.
Bei den Flüchtlingsinitiativen bringen viele Ehrenamtler Flüchtlingen erste Deutschkenntnisse bei. „Das ist super“, findet Thomas Lenz. Nadja Freimann von der Akzentschule berichtet, dass Flüchtlinge danach in kürzere Kurse eingestuft werden. Das Jobcenter will demnächst drei Mitarbeiter dafür einstellen, um auch diese Arbeit zu unterstützen.
Weil der Zuzug der Flüchtlinge stark zurückgegangen ist, ist Hans-Jürgen Lemmer optimistisch: „Es pendelt sich jetzt ein“, sagt er. Thomas Lenz vom Jobcenter ist vorsichtiger: „Es gibt eine leichte Entspannung. Aber es sind noch viele in der Warteschlange.“