Fahrprüfung für Senioren So schnell ist der Führerschein weg

Der Wuppertaler Fritz Ley (87) musste nach einem Unfall den Wiener Test absolvieren. Das ging erst einmal gründlich schief.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Die erneut entbrannte Diskussion um eine Fahrprüfung für Senioren hatte der Wuppertaler Fritz Ley (87) bereits im vergangenen Jahr nach einem Unfall erst einmal hinter sich. Die Polizei schätzte den Senior als verkehrsunsicher ein, informierte das Straßenverkehrsamt und das Unheil nahm für Ley seinen Lauf. Der 87-Jährige bekam die Auflage, sich beim Wuppertaler Gesundheitsamt einem sogenannten Wiener Test zu unterziehen. Das ging schief und damit war der Führerschein weg. Von einem Tag auf den anderen.

Ley war damals auf einer Straße unterwegs gewesen, auf der es wegen geparkter Autos nur eine Fahrspur gab. „Ein Auto kam mir entgegen. Ich hatte Nachrang und musste etwa 100 Meter rückwärtsfahren“, erinnert sich der 87-Jährige. Vor einer Garage wollte er wenden, rutschte mit dem Fuß von der Bremse ab und beschädigte ein Garagentor. „Die Polizisten waren der Meinung, dass ich unsicher fahre, und gaben das an das Straßenverkehrsamt weiter“, sagt Ley. Von dort gab’s umgehend Post: eine Verwarnung und die Vorladung zum Wiener Test im Gesundheitsamt.

„Ich habe nie ein Handy besessen“, sagt Ley und begründet damit, dass er den Test gar nicht bestehen konnte, weil ihm dafür die Fingerfertigkeit fehle. Man habe ihn nicht etwa fahren lassen, um einen Eindruck von seinen Fähigkeiten am Steuer zu bekommen. Das Fahren sei aber nach wie vor kein Problem, versichert der Senior und ärgert sich bis heute schwarz, dass dieses Vorgehen rechtens ist. „So geht man mit älteren Menschen um“, schimpft Ley. Er arbeitet bei einer Hausverwaltung und hatte bis 2015 eine jährliche Fahrleistung von 30 000 Kilometern. „Und das ohne gehäufte Unfallzahlen“, betont Ley.

Beim Wiener Test handelt es sich um ein automatisiertes Programm für psychologische Diagnostik, bei dem fünf Kernkompetenzen an einem Computer geprüft werden: Reaktion, Konzentration, Orientierung, Belastbarkeit und Aufmerksamkeit, wie der Wuppertaler Amtsarzt Jörg Rieger erläutert. Die Prozedur dauert mit Vor- und Nachbereitung etwa eine Dreiviertelstunde. Die Testperson sieht zum Beispiel eine Sequenz von Bildern und muss anschließend sagen, ob sie ein Kind am Straßenrand erkannt hat — oder eben nicht. Bei einem anderen Test müssen Linien verfolgt werden. Klingt einfach, muss aber in einer bestimmten Zeit absolviert werden. Der Wiener Test, der pro Teilnehmer 68 Euro kostet, ist laut Rieger nicht nur für im Straßenverkehr auffällig gewordene Senioren gedacht. Für Polizisten, Taxi- und Busfahrer ist er ab 60 Jahren ohnehin Pflicht, aber auch jüngere Verkehrsteilnehmer, die „Auffälligkeiten im Straßenverkehr“ gezeigt haben, können eine Vorladung bekommen. „Pro Jahr haben wir zwischen 20 und 25 Personen hier, die aufgefallen sind, sagt der Amtsarzt. Die Durchfallquote schätzt er auf etwa 70 Prozent. Bei „Grenzfällen“ ist eine praktische Prüfung möglich. Wer in Bausch und Bogen durchfällt, bekommt diese Chance eher nicht.

Fritz Ley kämpfte gestern vor dem Verwaltungsgericht um seinen Führerschein. Seither kann der Senior wieder hoffen. Die Richterin schlug vor, dass Ley einen Sehtest sowie den Erste-Hilfe-Kurs absolviert und sich dann bei einem Verkehrspsychologen vorstellt. Wenn dieser zum Schluss kommt, dass Ley doch für den Straßenverkehr geeignet ist, gibt es eine Fahrt mit einem Fahrlehrer. „Dann bekomme ich den Führerschein bestimmt wieder zurück“, ist sich der Senior sicher. Für den Erste-Hilfe-Kurs hat er sich bereits angemeldet. Schon am Samstag hat Ley einen Termin — den ersten auf dem Weg „zurück auf die Straße“.