So vermurkst Wuppertal seine Bürgerbeteiligung

Die Frage Seilbahn oder keine Seilbahn lässt sich nicht ohne weiteres nach dem Mehrheitsprinzip beantworten.

Wuppertal. Mit Gutachten ist das wie mit Statistiken. Sie sind nicht immer und unbedingt belastbar. „Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, sagt der Volksmund. Und für Gutachten gilt, dass es immer das enthält, was der Auftraggeber bezahlt hat. Von diesem Zwist leben auch in Deutschland Tausende von Experten.

Dass Wuppertal in der Seilbahnfrage nun 50 Bürger zu Gutachtern machen will, wirkt deshalb auch nur auf den ersten Blick nach Bürgerbeteiligung in Perfektion. Schon auf den zweiten Blick sieht das ander aus. 1000 zufällig ausgewählte Wuppertaler sind zwar schon eine fast repräsentative Größe. Aber davon werden letztlich lediglich 50 in den vermeintlichen Genuss kommen, Bürgermeinung über die Seilbahn abzubilden. Das ist allerdings schon deshalb akzeptabel, weil jede größere Gruppe Rahmen und Kosten sprengte. Außerdem spielt in diesem Verfahren die Menge der Teilnehmer keine große Rolle.

Auch ohne diese Bürgerbeteiligung steht längst fest, dass die überwiegende Mehrheit der Wuppertaler sich mit dem Gedanken an eine Seilbahn zwischen Döppersberg und Küllenhahn problemlos anfreunden kann. Es ist ja auch ein spannendes Projekt, und Wuppertal war technischen Neuerungen immer schon eher aufgeschlossen. Aus diesem Grund verbindet die Schwebebahn den Westen und den Osten der Stadt miteinander. Andere Städte konnten sich vor mehr als 100 Jahren zu diesem technischen Wagnis nicht durchringen. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Bahn 100 Jahre später auch in Wuppertal nicht gebaut worden wäre. Sie macht Lärm und fährt über der Kaiserstraße in Vohwinkel beinahe durch die Schlafzimmer der Anwohner. So etwas wäre heute vermutlich nicht mehr genehmigungsfähig.

Dennoch spräche sich die Mehrheit der Wuppertaler wahrscheinlich für die Schwebebahn aus. Und das gilt auch für die Seilbahn. Denn die meisten Wuppertaler hätten nur den Nutzen, nicht aber die Last. Die liegt und läge bei den Anwohnern, deren Lebennsqualität unzweifelhaft beeinträchtigt würde.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt das sogenannte Bürgergutachten zu dem Ergebnis, dass die Seilbahn für Wuppertal gut ist. Auf der Strecke bleiben die, die an und unter der Strecke leben. Das alles wäre keine Überraschung. Mit anderen Worten: außer Spesen nichts gewesen.

Ungeklärt bleibt die Frage, ob und wenn ja, wem eine solche Seilbahn nutzt. Denn die ausgesuchten Bürger sind ohne Daten und Fakten genauso schlau wie alle anderen. Abgesehen von den Stadtwerken, denen Informationen wie beispielsweise über mögliche Fahrgastzahlen vorliegen sollen. Deshalb nützt es nicht, wenn 50 zufällig ausgewählte Bürger noch so engagiert über die Seilbahn beraten.

Helfen kann dagegen, das alle Beteiligten alle Fakten auf den Tisch legen, damit Kosten, Nutzen und Lasten klar ersichtlich sind, wenn sich Befürworter und Gegner der Seilbahn zu einem ergebnisoffenen Dialog treffen.

Wenn das gut funktioniert, ist am Ende des Prozesses eine fundierte Meinung über das Projekt möglich und haben auch die das Gefühl, gefragt worden zu sein, die sich mit ihrer Position nicht durchsetzten. Das wäre Bürgerbeteiligung auf höchstem Niveau — und das Verfahren weder kompliziert noch kostspielig. Und obendrein wüsste der Rat, wie er im Sinne der Wuppertaler entscheiden sollte.