Der Fall der Mauer und die Geschichte des Claus Riesenberg
Ein heute 73-Jähriger von „drüben“ blickt zurück.
Unterbarmen. Der Fall der innerdeutschen Mauer in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 veränderte auch das Schicksal von Claus Riesenberg. Der heute 73-Jährige hatte 1952 in den Westen "rübergemacht".
Die Nacht, in der die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland verschwindet, erlebt Riesenberg im heimischen Wohnzimmer in Wuppertal, mit Gattin Monika vor dem Fernseher. Menschen klettern über die Mauer, von Ost nach West. Sie lachen, weinen, tanzen, singen. Drücken Gefühle aus, die Claus Riesenberg teilt. "Ich hätte niemals damit gerechnet, dass das noch zu meinen Lebzeiten passiert", sagt er.
Claus Riesenberg wird in der 800-Seelen-Gemeinde Päwesin in Brandenburg geboren. Er ist 16, als er und seine Familie den Osten 1952 in einer Nacht und Nebel-Aktion verlassen. "Wir mussten flüchten, mein Vater sollte aus politischen Gründen verhaftet werden." Mit dem Zug geht’s Richtung Westen. Die Familie lebt in Kassel, Rothenburg und Hannoverf. Alles ist anders: "Wir hatten Fernsehen und Rundfunk. Aber das Wichtigste: Ich spürte plötzlich, dass ich frei war. Ich konnte aussprechen, was ich denke. Diese Freiheit hatten wir im Osten nicht".
1970 kommt er nach Wuppertal, arbeitet als Diplom-Ingenieur bei verschiedenen Firmen, lernt seine Monika kennen. Sohn Claus Rudolf kommt 1963 zur Welt. 1989 stellt das Ehepaar Riesenberg sich beruflich mit dem Studio für Kachelöfen und Kamine auf eigene Beine. Kurze Zeit später fällt die Mauer.
Schon 14 Tage nach dem Fall fährt Claus Riesenberg mit seiner Frau in sein Heimatdorf. In den Ort, den er vor mehr als 30 Jahren fluchtartig verlassen musste und den er nie wiederzusehen glaubte. "Eine Reise voller Emotionen", beschreibt er. Riesenberg besucht alte Freunde, geht durch die Straßen, in denen er 16 Jahre lang zu Hause war.
"Alles war anders, farblos, die Gebäude noch vom Krieg zerstört. Das Dorf war wirtschaftlich am Ende", sagt er. Fortan fährt er regelmäßig nach Päwesin. Heute, sagt Riesenberg, seien die Spuren des Ostaufbaus auch in Päwesin deutlich zu sehen. "Dem Dorf geht es wieder gut, die Häuser haben neue Dächer." Die Riesenberg machen regelmäßig Urlaub in Päwesin, in ihrem Ferienhaus.
Geblieben sind die Unterschiede zwischen den Menschen in Ost und West. "Einstellungen und Äußerungen sind anders. 40Jahre DDR haben die Menschen im Osten geprägt. Mit vielen Freunden aus der DDR ist es bis heute schwer, unbefangene Gespräche zu führen. Manchmal scheine es ihm gar so, als stehe die Mauer im Geiste der Menschen noch.