Ein Nachmittag mit Jim Knopf: Lesestunde an der Modelleisenbahn
Marianne Schliepkorte liest Kindern in Ronsdorf vor. Und lässt die Abenteuer an der Modelleisenbahn lebendig werden.
Ronsdorf. Die Vorlesestunde im Haus von Marianne Schliepkorte steht ganz im Zeichen von Schienen, Waggons und Abenteuern. 20 Kinder sind nach Ronsdorf gekommen, um die Geschichte von Jim Knopf zu hören — und einen Blick auf die große Modelleisenbahn im Untergeschoss des Hauses zu werfen. Die Aktion ist Teil der Sommerferien-Reihe der Stadtbibliothek „Lesen und Lauschen“.
Seit 57 Jahren ist Marianne Schliepkorte Mitglied in der Stadtbücherei Ronsdorf und gehört zu einer Gruppe von vier Vorlesepaten, die ihre jungen Zuhörer immer montags in die Welt der Bücher eintauchen lassen.
Marianne Schliepkorte liebt die Literatur und das Vorlesen: Ihr sei sehr wichtig, dass Kinder mit Büchern vertraut würden und blieben, sagte sie. „Außerdem ist Lesen gut für Wortschatz, Rechtschreibung und Ausdruck.“
Seit vier Jahren macht Schliepkorte bei der Ferien-Reihe mit. Am Dienstag sitzt sie am Fuß ihrer Treppe, die aufmerksamen Gäste um sich geschart. Sie liest aus Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Während des Lesens bindet Marianne Schliepkorte die Kinder ein, stellt ihnen Fragen, lässt sie mitreden.
Noch aktiver werden die Kinder im Nebenraum: Dort hatte einst Wolfgang Schliepkorte, der verstorbene Ehemann der Vorlesepatin, seine Modelleisenbahn gepflegt.
Enkel Jonathan Schmidt (18), der die große Anlage von seinem Großvater geerbt hat, ist eigens aus Detmold angereist, um sie den Kindern vorzuführen. Die drängen sich dicht ums Geschehen, schauen schweigend, aber mit Staunen den Modellzügen zu, wie sie ihren Weg über die 90 Meter lange Strecke machten. „Mir gefällt am besten der ICE“, sagt Lara, während das Gefährt mit seinen acht Waggons an ihr vorbeizieht.
20 Spur-N-Züge aus verschiedenen Epochen sind unterwegs auf einem Schienennetz, das mal über bewaldete Hügel, mal durch ein Tal oder auf eine Lichtung ins Dorf führte. Bahnhöfe mit Sitzbänken, Fachwerkhäuser, winzige Menschen und Autos, sogar ein Steinkübel mit Blumen prägten das Miniaturbild. Ein Riesenrad drehte sich langsam, darunter schwangen die Sitze zweier Kettenkarussells.
„Das Dorf heißt Osterburken, das gibt es wirklich. Aber dieses hier hat mein Großvater nach seiner Phantasie aufgestellt“, erklärt Jonathan Schmidt.
Marianne Schliepkorte ist zufrieden — mit der Vorlesestunde und ihren Gästen. Zum Ausklang gibt es für jeden noch Obst im sonnigen Garten. Sogar zwei Lieder und ein Lesezeichen für jeden Teilnehmer hatte die 75-Jährige vorbereitet.
„Das hat mir Spaß gemacht“, sagt die siebenjährige Veronika. „Das Lesezeichen nehme ich für meine Bücher, ich habe ganz viele zu Hause.“ Für Julian (7) war es das erste Mal, die Geschichte von Jim Knopf vorgelesen zu bekommen: „Ich kannte nur den Film.“
„Es ist einfach schön“, sagte die Vorlesepatin, und ein Funkeln in ihren Augen verriet die Begeisterung. „Am tollsten ist es, wenn beim Vorlesen das eine oder andere Däumchen im Mund verschwindet, weil es so spannend ist. Dann weiß man: Die Kinder sind ganz bei der Sache.“