Das Brötchen darf nicht raus
Warum es im Backhaus sonntags nachmittags keine Backwaren zum Mitnehmen gibt.
Vohwinkel. Der Kiosk macht es, die Tankstelle auch. Am Bahnhof werden ebenfalls Brötchen verkauft, von morgens bis abends, sieben Tage in der Woche. Auch im Backhaus unter der Schwebebahn-Haltestelle Vohwinkel konnten sich Reisende, Passanten und Stammgäste bis Anfang des Jahres täglich mit Brötchen und Kuchen zum Mitnehmen eindecken. Am vergangenen Sonntagnachmittag aber war die Brötchen-Theke mit einem quer durch das Ladenlokal gespannten Flatterband vom Café-Bereich abgeteilt und für den Außer-Haus-Verkauf geschlossen.
"Ich wollte gegen 16 Uhr eine Torte holen", sagt Stammkunde Michael Spitzer, "aber die Verkäuferinnen sagten, sie dürften nur von 7.30 bis 12.30 Uhr Brötchen und Kuchen zum Mitnehmen verkaufen."
Das ist richtig, bestätigt Backhaus-Verkaufsleiterin Christine Bellmann. Der Grund: ein Bußgeldbescheid des städtischen Ordnungsamts. 1000 Euro soll das Backhaus zahlen, weil es gegen das Ladenschlussgesetz verstoßen haben soll. Danach dürfen Verkaufsstellen mit dem Schwerpunkt Back- und Konditoreiwaren sonn- und feiertags nur für die Dauer von fünf Stunden geöffnet sein, wie die WZ auf Nachfrage beim Ordnungsamt erfuhr. "Es ist ein bisschen kompliziert", sagt Abteilungsleiter Klaus Wolter. Und zwar auch deshalb, weil manche Bäckereien Mischbetriebe seien, halb Verkaufsstellen, halb Gastronomiebetriebe. Das Backhaus sei so ein Fall. Dort gebe es einerseits die Bäckerei-Verkaufsstelle und andererseits den Café-Bereich - für den das Gaststättengesetz gilt. Das sieht keine solche sonntägliche Einschränkung vor. Michael Spitzer findet das unverständlich: "Die dürfen mir keinen Kuchen außer Haus verkaufen - aber am Tisch essen darf ich ihn?"
Genau so scheint sich die Gesetzeslage darzustellen: Obwohl das Backhaus sonntags bis 18 Uhr geöffnet ist, muss der Brötchen- und Kuchenverkauf nach 12.30 Uhr eingestellt werden.
Noch bizarrer: Das belegte Brötchen darf als "zubereitete Speise" laut Gaststättengesetz auch sonntags ohne Einschränkung außer Haus verkauft werden, das trockene Brötchen als Backware laut Ladenschlussgesetz aber nur innerhalb der fünfstündigen Öffnungszeit. Torten sind vor dem Gesetz übrigens keine zubereiteten Speisen sondern Konditoreiwaren.
Verkaufsleiterin Christine Bellmann kann die Situation nicht nachvollziehen: "Jeder verkauft doch alles - aber was Tankstellen machen, gehört offenbar in eine andere Kategorie." Stimmt, ist vom Ordnungsamt zu hören. Für Tankstellen, Bahnhöfe und Flughäfen gelten eigene Regelungen. Dort fallen die Brötchen zum Mitnehmen nämlich unter "Reisebedarf". Und der darf auch sonntags ohne Einschränkung abgegeben werden. "Aber die Schwebebahn-Passagiere sind doch auch Reisende", wendet Michael Spitzer ein. "Für das Backhaus sollte gelten, was auch für Bahnhöfe gilt." Er bleibt dabei: "Man fragt sich wirklich, was das soll."