Theater im Klassenzimmer: Von den Leiden eines Trinkers

Schauspieler Patrick Schnicke mimt einen Alkoholiker.

Wuppertal. Es ist mucksmäuschenstill. Regungslos sitzen 27 Achtklässler der Gesamtschule Vohwinkel auf ihren Stühlen und starren gebannt auf Patrick Schnicke. "Der Neue" der Wuppertaler Bühnen hat seine Feuerprobe in Wuppertal vor dem schwierigsten Publikum bestanden:

45 Minuten lang folgen die Schüler konzentriert dem Monolog "Flasche leer", in dem der Autor Thilo Reffert das Thema Alkohol und seine Folgen geschickt und ohne jede Besserwisserei behandelt.

Ganz still und untheatralisch betritt Patrick Schnicke das Klassenzimmer, knallt einen Karton auf den Tisch, redet mehr zu sich selbst als zu den Schülern. Seine Klamotten sehen billig aus und riechen streng. "Da haben wir vorher Schnaps draufgekippt", erfahren die Schüler später vom Theaterpädagogen Markus Höller.

Schnicke spielt den Schauspieler David Aschinger, der wiederum die Geschichte des alkoholsüchtigen Bahnsteig-Aufsehers Knut spielen soll. Immer wieder setzt Schnicke die Eisenbahner-Kappe auf und will mit Knut beginnen.

Doch immer wieder geraten ihm seine eigenen Erfahrungen dazwischen: Seine Karriere am Berliner Ensemble wurde durch seine Liebe zum Alkohol zerstört, selbst in Krefeld flog er raus. Jetzt hat er hier vor der Klasse seine letzte Chance. Und erklärt den Kindern, was nicht stimmt in der Konzeption von Knut: "Man träumt nicht, wenn man voll ist beim Einschlafen."

Mehrere Lösungen bietet er für eine Szene an: Knut als Comedy oder Knut als Verrückten. Jedenfalls ist er einsam mit seiner Flasche. "Ist ja dann schwer, andere kennen zu lernen - außer Säufer vielleicht." Immer wieder tippt Aschinger auf die Flasche, steckt anschließend den Finger in den Mund. Es könnte ja eine Spur Whiskey zu finden sein. Er erzählt, wie ihn seine Freundin wegen des Alkohols verlassen hat, und wie schwer morgens das Aufstehen wird. Zwischendurch wendet sich Schnicke an die Schüler, hört ihre Meinung und muss die Tür öffnen für Zuspätkommer.

Am Schluss dann verdeutlicht Markus Höller noch das Geschehen: "In der Flasche ist natürlich Tee - der Schauspieler würde nie betrunken hier auflaufen." Tatsächlich bekennt sich die Hälfte der Klasse dazu, dass es keinen Grund gebe, Alkohol zu trinken. "Man muss Traurigsein aushalten lernen", negiert Höller Alkohol als Stimmungsaufheller. Auch Schüchternheit sei völlig normal und kein Grund, sich für Partys mit Bier und Schnaps aufzuputschen.