Stößels Komödie gibt Sommer-Gastspiel im Kulturzentrum Immanuel Echtes Theater mit echtem Publikum im Kirchenschiff
Sie überwinden imaginäre Grenzen zwischen zwei Stadtteilen und vollbringen, was vor kurzem noch unmöglich schien: echtes Theater vor echtem Publikum in der echten Welt. Sie, das sind Theaterleiter Kristof Stößel und die Geschäftsführerin des Fördervereins Kulturzentrum Immanuel, Janine Pagel.
Am 19. Juni feiert die in Elberfeld beheimatete Komödie im Kirchengebäude in Barmen eine Premiere. Beginn einer Sommer-Kooperation, die durch den Lockdown in der Coronakrise entstand und nun früher beendet wird, weil ebendieser Lockdown schneller aufgehoben wird, als es möglich schien.
Wie kommt Theater in Kirche? Die Antwort ist einfach: Janine Pagel und Kirstof Stößel sind befreundet, wollten schon früher zusammenarbeiten, scheiterten bislang aber an Zeitproblemen. Die Coronakrise gab neuen Anlass und bestimmt den Rahmen. So wählte das Theater zwei Solostücke aus und wartet das Kulturzentrum mit einem umfangreichen Schutzmaßnahmenpaket auf, das dafür sorgen soll, dass die Besucher sich sicher fühlen, „Humor und Leichtigkeit erleben können und vielleicht vergessen, wo sie sind“. Dazu zählen ein Wegesystem, die Hygiene-Ranger-App, Maskenpflicht, Belüftung des Raums. Pro Vorstellung können bis zu hundert Besucher kommen – mehr als in Stößels Komödie erlaubt waren, immer noch deutlich weniger, als in die veranstaltungserprobte Kirche passen. Stößel: „Ich selbst würde mich hier als Gast wohlfühlen.“
Sicherheit der Besucher
ist oberstes Gebot
Zu sehen bekommen die Zuschauer zwei Solo-Stücke, die er eigentlich ab September in seinem Theater Flin in Düsseldorf aufführen wollte. Den Anfang macht am Freitag „Udo“, eine Hommage an Udo Jürgens. Dirk Stasikowski unternimmt eine Reise durch Leben und Lieder des 2014 verstorbenen Sängers mit viel Musik, Intervieweinspielungen und biographischen Informationen. Am 26. Juni folgt die Komödie „Meine tolle Scheidung“ mit Sabine Reinhardt. „Das lustigste Solostück, das ich kenne“, schwärmt Stößel, der das Werk der Irin Geraldine Aron in Wuppertal spielen lässt.
Mit Florian Battermanns Pandemiekomödie „Ich hasse dich, heirate mich“ will Stößel dann wieder in seine Komödie am Karlsplatz zurückkehren. Der „Neuanfang“ sei wichtig, sagt er, auch wenn er so auf das einzigartige Ambiente der Kirche verzichten muss, das er gerne in seine Inszenierung eingebaut hätte. Die Fast-Uraufführung des aktuellen Drei-Personen-Stücks mit viel Musik wird natürlich auch an Wuppertal angepasst. Außerdem schlüpft der Theaterleiter in die Rolle einer „durchgeknallten Nachbarin“ einer Tanzlehrerin, die wiederum in der Coronakrise zuhause per Laptop unterrichtet. Dritter im Bunde ist ein weiterer Nachbar, den der virtuelle Unterricht sehr ärgert. Alle Rollen sind coronabedingt doppelt besetzt, geprobt wird derzeit in der Komödie.
Der Neuanfang wird freilich von vielen Fragezeichen begleitet. „Für mich erscheinen die Lockerungen nach wie vor zu früh“, erklärt Stößel, der weiß, dass sich sein Theaterpublikum oft aus den sogenannten Risikogruppen rekrutiert. Der aber auch weiß, dass er rasch seine Besucherzahl nennenswert erhöhen und deshalb die neuen Lockerungen ausprobieren muss. „Wenn im Herbst nur vor 30, 40 Leuten gespielt wird, gibt es mehr als 50 Prozent der Privattheater nicht mehr.“
Auch das Kulturzentrum muss viele Verluste verkraften. Die Chor- und Orchester-Konzerte sind abgesagt, die Tonaufnahmen laufen nur langsam wieder an, „da viele Künstler aus dem Ausland kommen“, so Pagel. Die Komödie ist die erste analoge Veranstaltung in der Kirche, am 25. Juni will das Sinfonieorchester dort erstmals vor Publikum spielen. Das Jahr habe gut begonnen, „wir hatten ein tolles Programm“, erinnert die Geschäftsführerin. Die Sorge, dass Herbst und Winter nicht wieder besser werden, ist da, aber auch das Wissen: „Sicherheit geht vor.“