Talflimmern mit Happy End: „Erfolgreichste Saison aller Zeiten“
Mit dem Episodenfilm „Points of View“ beendet Mark Tykwer die Freiluft-Kino-Saison.
Elberfeld. Ella ist eine nette, höfliche Frau, die als polnische Saisonarbeiterin nach Deutschland gekommen ist. Mit wenig Geld in der Tasche zieht sie durch die Straßen Wuppertals — durch ihre ganz eigene zerstörte Soziallandschaft. Sie hat weder Freunde in der für sie fremden Heimat, noch ist sie krankenversichert. In der Fabrik, in der sie arbeitet, herrscht ein ständiger subtiler Druck. Ella redet kaum. Dass die Situation für die Frau von Tag zu Tag schwerer auszuhalten ist, verrät der Ausdruck auf ihrem Gesicht. Auf ihren filigranen Zügen liegt eine Entmutigung, die selbst den Zuschauer erdrückt.
„Ella“ ist einer von zehn Kurzfilmen, die aus zehn unterschiedlichen Perspektiven auf die Schwebebahn-Stadt schauen. Am Sonntag wurde der Episodenfilm „Points of View“ im Open-Air-Kino Talflimmern an der Gathe zum letzten Mal gezeigt und beendete damit „die erfolgreichste Saison, die wir jemals hatten“, so der Macher des Freiluft-Kinos Mark Tykwer.
Alle Stühle sind im Hof der Alten Feuerwache besetzt, als „Points of View“ mit seiner ersten Geschichte startet. Die beginnt in Dunkelheit und taucht bald darauf den Hauptdarsteller in ein grelles Licht. Das der Zivilisation, in der sich der aus Kosovo stammende junge Mann nicht so ganz zurechtfindet. „Das hat mich an einen alten Stummfilm erinnert“, sagt Uwe Schmitz, der sich unter den Zuschauern der ausverkauften Vorführung befindet. Was in den Kurzfilmen danach gezeigt wird, deutet der leidenschaftliche Kinobesucher später so: „Es wurden Emotionen und klassische Probleme zeitgemäß umgesetzt — einfach toll.“
Denn was in den gut drei Stunden von „Points of View“ gezeigt wird, ist witzig, dramatisch und unheimlich zugleich. So wird im Film von Marc Schießer die junge Französin Joline vorgestellt, die als Au-Pair in einem chinesischen Restaurant aushelfen soll — und dort selbst zur Mahlzeit wird. Ein anderer Kurzfilm zeigt einen jungen Faschisten, der durch Zauberhand die Hautfarbe wechselt. „Ich fand die Drehbücher sehr originell. Meine Erwartungen wurden definitiv übertroffen“, meinte Zuschauerin Susanne Fischer kurz nach Vorstellungsschluss.
Denn neben den vielfältigen Handlungen sind alle zehn Filme, die unter der Federführung von Kim Münster und Mario von Grumbkow entstanden sind, mit einer anderen Nation verbunden. Das hat mal mehr, mal weniger Auswirkungen auf den Verlauf.
Etwa 5000 Besucher haben das Freiluft-Kino dieses Jahr besucht. „Fast jede Vorstellung war ausverkauft“, sagte Mark Tykwer zufrieden, der bei der Auswahl der Filme häufig auf europäisches Erzählkino mit Arthouse-Affinität setzt.