Ungeschminkt: Der Alltag auf dem Straßenstrich

Eine neue Ausstellung in der City-Kirche blickt Prostituierten ins Gesicht.

Elberfeld. Den Frauen steht praktisch ins Gesicht geschrieben, was ihnen in ihrer Leben schon widerfahren ist. Der Betrachter steht vor Portraitfotos in schwarz-weiß, die Maren Wandersleben von Prostituierten gemacht hat. Sie strahlen eine pure Ehrlichkeit aus, eine Offenheit ohne Schminke oder sonstige Maske. Diese Bilder spiegeln die Realität auf Deutschlands Straßenstrichen wider.

"Für meine Diplomarbeit in Kommunikationsdesign wollte ich ein sozialkritisches Thema genauer beleuchten", sagt Wandersleben. Über Kontakte in Beratungsstellen kam sie dann eher zufällig auf den Straßenstrich. "Anfangs fand ich das alles noch ziemlich beängstigend", sagt sie. Doch als sie Kontakt zu den ersten Frauen aufgenommen hatte, verlor sie die Scheu.

Über einen Zeitraum von drei Monaten verbrachte die Designerin viele Tage auf den Straßenstrichen in Dortmund, Essen und Düsseldorf. "Ich musste das Vertrauen der Prostituierten gewinnen", sagt Wandersleben. Schließlich wollte sie die Frauen ausführlich interviewen und fotografieren. Diese Interviews, in denen die Frauen ganz offen über ihr Leben und ihren Beruf reden, fasste sie in einen Bildband zusammen mit den Portraits und Bildern von deren Arbeitsplätzen. Einige dieser Bilder sind derzeit in der Ausstellung "Käuflich!?" in der Elberfelder City-Kirche am Kirchplatz zu sehen.

Bei der Eröffnung am Donnerstagabend wurden auch Bedingungen in der Wuppertaler Rotlicht-Szene vorgetragen. Bärbel Mittelmann von der Gleichstellungsstelle für Frau und Mann lieferte die Fakten: "In Wuppertal arbeiten knapp 200 Frauen als professionelle Prostituierte. Für professionellen Sex muss ein Freier um die 80 Euro bezahlen. Das monatliche Einkommen der Frauen liegt aber nur bei zirka 1500 Euro." Mittelmann war es, die die Bilder von Wandersleben fand und die Pfarrerin Sylvia Engels von der City-Kirche für die Ausstellung begeistern konnte.

Sie und Mittelmann wollen die Prostituierten aus der Namenlosigkeit in die Mitte der Gesellschaft holen. Diesen Gedanken verfolgte auch die Künstlerin bei ihrer Arbeit: "Ich möchte, das die Menschen ihr Bild von Prostituierten kontrollieren und korrigieren." Übrigens: Wanderslebens Bildband wollte kein Verlag veröffentlichen: "Die fanden die Bilder zu kritisch."