Logbucheintrag 0.51 Utopiastadt-Kolumne: Wer entscheidet?

Wuppertal · Stadt bei Kaufhof nur Ideengeber“, war gestern die Schlagzeile auf dem WZ-Titelblatt. Im Artikel dazu wird angemerkt, dass die Entscheidung, was mit dem Kaufhof-Gebäude passiert, bei einem global agierenden Hedgefonds liegt.

Foto: Dimitrij Haak

Nicht auf dem Titel der WZ, aber in §1 des Baugesetzbuches steht: „Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten.“

Wow. Da steht ja fast alles drin für nachhaltige und am Gemeinwohl orientierte Bauvorhaben. Warum genau ist also die Stadt beim Kaufhof nur Ideengeber? Nun ja – erst einmal geht es in dem Gesetzestext um die Bauleitplanung, nicht um einzelne Bauvorhaben. Dann ist die Umnutzung des Kaufhofs voraussichtlich maximal eine Umbaumaßnahme. Und dann gibt es weitere rechtliche Möglich- und Notwendigkeiten, die Eigentümern die Entscheidungshoheit geben.

Nun habe ich Zweifel, dass ein globaler Hedgefonds besonderes Interesse daran hat, eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung am Neumarkt in Wuppertal umzusetzen. Umgekehrt habe ich aber als Bewohner dieser Stadt großes Interesse an genau so einer Entwicklung. Und bin sehr dankbar, dass vor einem guten Jahrzehnt bei mir gegenüber ein Projekt eingezogen ist, das mir ermöglicht, als Bürger die Stadt vor meiner Tür mitzugestalten. Nicht in Einzelprojekten, sondern im wahrsten Sinne des Wortes grundsätzlich: In vielen Jahren aktiver Debatte hat Utopiastadt dafür gesorgt, dass schließlich die gesamten rund 60 000 Quadratmeter am Bahnhof Mirke gemeinnützigen oder dem Gemeinwohl verpflichteten Einrichtungen gehören. Auf dem Weg dorthin gab es immer wieder die Momente, wo auch hier Stadt und Gesellschaft maximal Ideengeber im Renditepingpong diverser Investoreninteressen waren. Damit haben wir uns aber nie zufriedengegeben, sondern als Sachwalter für das Gemeinwohl beharrlich mitgeredet. Im Ergebnis wird jetzt tatsächlich jegliche Entwicklung auf diesen Flächen langfristig Erträge fürs Gemeinwohl und nicht für Investorenportfolios hervorbringen.

Ich bin überzeugt, dass es für eine Stadt richtiger ist, wenn die Entscheider auch direkten Bezug zum Ort haben. Und wenn sie sich mit ihren Entwicklungsvorhaben den Werten stellen, die im §1 BauGB so kompakt aufgeschrieben sind. Das kann eine Stadt mehr oder weniger eindeutig in Bauleitplanungen festschreiben. Dann ist sie vielleicht irgendwann auch internationalen Renditestaubsaugern gegenüber mehr als nur Ideengeber.