Wuppertaler Student gestaltet „Sonnenwagen“
Daniel Rauch unterstützt das „SolarCar“-Team der Hochschule Bochum. Die nimmt an einem Wettbewerb in Australien teil.
Seinen Platz an der Sonne hat sich Daniel Rauch hart erarbeitet. Wenn der 28-Jährige im Oktober nach Australien fliegt, zahlen sich die vielen Stunden aus, die er seit Dezember 2015 in die Entwicklung des „thyssenkrupp blue.cruisers“ gesteckt hat. Der schnittige Sportwagen ist das siebte Fahrzeug, mit dem sich die Hochschule Bochum an der „World Solar Challenge“ beteiligt — einem Wettbewerb, bei dem Solarfahrzeuge die rund 3000 Kilometer lange Strecke von Darwin nach Adelaide zurücklegen.
Dass die erfolgsverwöhnten Bochumer wieder gute Chancen auf einen Preis haben, verdanken sie nicht nur ihrem rund 50-köpfigen Studierendenteam, dem Kooperationspartner Thyssenkrupp und anderen Sponsoren. „Wir waren mit unseren Autos zwar schon immer der Publikumsmagnet“, erläutert Projektleiter Prof. Friedbert Pautzke. „Aber diesmal waren wir uns einig: Wir brauchen einen Design-Profi.“
Den fanden sie per Zufall bei einer Veranstaltung der Folkwang Universität der Künste in Essen. Industrial Designer Daniel Rauch absolviert dort ein Graduiertenstudium. Der gebürtige Wuppertaler kannte das „SolarCar“-Projekt und lobt: „Die Bochumer Fahrzeuge stachen schon immer aus der Menge heraus.“ So sehr, dass die Wettbewerbsveranstalter für alltagstaugliche „Sonnenwagen“ eine eigene Cruiser-Klasse einrichteten. Auch das Bochumer Modell „Hans Go!“ (2002 bis 2005) hatte noch eher wie eine fahrende Tischtennisplatte ausgesehen.
Trotz der fünf Quadratmeter umfassenden Siliziumzellen wirkt der aktuelle „blue.cruiser“ dagegen wie der neueste Wagen von James Bond — mit dem schönen Effekt, dass (in seinem Fall) noch drei Begleiterinnen mitfahren könnten. Die vier Sitzplätze bringen Punkte bei der Wertung — ebenso wie möglichst seltene Stopps an den Stromsäulen, die bei den alltagstauglichen Wagen erlaubt sind.
„Wir haben ungefähr ein halbes Jahr lang an dem Konzept gearbeitet, um einen niedrigen cw-Wert zu bekommen“, beschreibt Rauch die Entwicklung. Die ersten „futuristischen“ Skizzen gab es zum Jahreswechsel 2015/16, das erste Designmodell dann im Juli. Da kannte das Team gerade die neuen Regularien: Auf rund 80 Seiten werden Anforderungen etwa an die Sicherheit definiert. Rauch: „Man orientiert sich stark am Tüv.“
Das Modell wurde immer wieder überarbeitet. Vom Luftauslass hinter den vorderen Radkästen blieb beispielsweise nur ein Gestaltungselement. Auch die Definition des Türausschnitts nahm viel Zeit in Anspruch. „Das war wegen der breiten Schulterkante sehr komplex. Das Türscharnier ist ein Mix aus Gestaltung und Technik.“ Und mit der Definition der Karosserie war es nicht getan. Rauch: „Ein anderes Thema war die Gestaltung des Innenraums und die Farbwahl. Das zog sich über mehrere Wochen.“ Armaturenbrett, Mittelkonsole und Sitze wurden aus nachhaltigen Materialien gefertigt.
Bei der Karosserie musste man mehr aufs Gewicht als auf Nachhaltigkeit achten. Sie besteht aus Carbon; die Fahrerzelle wird durch einen Stahlrohrrahmen geschützt. Bei der Produktion des Prototyps halfen dem Studierendenteam Firmen aus der Region: Die Formen für die Karosserieteile wurden bei NeuDing in Wichlinghausen gefräst. Die Felgen, die Radnaben-Motoren aufnehmen, entwickelte ein Solinger Unternehmen.
Offiziell vorgestellt wird der „thyssenkrupp blue.cruiser“ am 5. Juli. Für Daniel Rauch ist er schon jetzt ein Erfolg: Drei Tage vorher verleiht ihm die Folkwang Universität den diesjährigen Preis im Bereich Industriedesign. Die Arbeit entstand ja im Kontext seines Essener Studiums und wurde dort von Professorin Anke Bernotat betreut. Anerkennung erhielt Rauch auch schon früher: 2009 veröffentlichte die englische Fachzeitschrift Autocar seinen Entwurf für einen Ford Focus des Modelljahrs 2020. Um mitmachen zu können, hatte sich der Wuppertaler extra eine Adresse im Vereinigten Königreich zugelegt.
Ein von seinem Vater abonniertes Magazin war auch der Auslöser, sich für das Design von Autos zu interessieren. Rauch: „Da wurden auch Designer vorgestellt. Das hat mich als Grundschüler inspiriert. Mit 14 habe ich dann die Designabteilungen namhafter Autohersteller angeschrieben. Die Mitarbeiter von Audi haben mir Zeichenpapier und spezielle Marker geschickt.“ 2004 folgte ein Schülerpraktikum bei Kurz Kurz Design in Solingen, 2005 ein dreiwöchiges Praktikum bei Ford im Designstudio in Köln.
In der Familie freut man sich über die neue Auszeichnung: Der Bruder arbeitet als Industrie-Designer in Darmstadt, die Schwester studiert Kommunikationsdesign.