Corona-Krise in Wuppertal World Wide Web statt Klassenzimmer

Das Gymnasium Vohwinkel setzt während des Unterrichtsausfalls auf digitales Lernen.

Bjarne (17) kann dank digitaler Hilfsmittel trotz Schulausfall weiter lernen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Heute steht für die Klasse 5b des Vohwinkeler Gymnasiums das Fach Musik auf dem Stundenplan. Dabei erfahren die Schüler einiges über den französischen Komponisten Camille Saint-Saëns, der für das Stück „Karneval der Tiere“ bekannt ist. Darauf aufbauend sollen sie ein Kreuzworträtsel zum Thema lösen und mit Hilfe eines Arbeitsblatts die passenden Tierfiguren zuordnen. Nach einer Stunde haben sich die Kinder eine Pause verdient.

Die findet allerdings wie der gesamte Unterricht in den heimischen vier Wänden statt. In Zeiten von geschlossenen Schulen aufgrund der Coronavirus-Ausbreitung wird digitales Lernen zum zentralen Bildungselement. Dabei setzen Schulleiter und Lehrpersonal in Wuppertal auf spezielle Internetplattformen wie IServ oder Moodle. Dadurch sind unterschiedliche Aufgabenstellungen möglich, die online bearbeitet werden können.

Das Angebot entlastet
auch den Familienalltag

Das Gymnasium Vohwinkel geht noch einen Schritt weiter und passt dieses Konzept tagesaktuell an die Fächerkombination seiner 800 Schüler an. Für sie wurde sogar ein eigener Stundenplan im Kinderzimmer entwickelt. Gelernt wird von 8.30 bis 12.30 Uhr in stündlichen Einheiten immer mit einer halbstündigen Pause. Anschließend werden die Ergebnisse auf die Internetplattformen hochgeladen und von den Lehrern bewertet. Wie das genau funktioniert, wird den Kindern und Jugendlichen in einem vom Gymnasium produzierten YouTube Video erklärt.

„Aufgrund der Dringlichkeit der Lage haben wir Ende letzter Woche binnen 24 Stunden ein Konzept entwickelt und umgesetzt, das allen Schülern das Lernen in allen Fächern in den nächsten Wochen ermöglicht“, erklärt Schulleiter Kai Herrmann. Zusätzlich zur Arbeit auf den Online-Plattformen würden die Kinder und Jugendlichen des Gymnasiums wöchentlich von ihren Klassenlehrern angerufen und hinsichtlich des Lernfortschritts beraten.

„Das Verfahren ist schon am Montag so gut angenommen worden, dass teilweise 1500 Sessions auf dem Server gleichzeitig aktiv waren“, berichtet Herrmann. Bei einer Session handle es sich um den Zugriff auf ein Fach durch einen Schüler. Für das gesamte Kollegium sei die Situation eine große Herausforderung gewesen. „Bei der Schulung saßen wir mit 70 Kollegen im Lehrerzimmer, jeder hatte einen Laptop oder ein Tablet dabei. Das war eine Atmosphäre wie auf einem Hacker-Kongress“, erzählt der Schulleiter. Die Motivation sei aber groß.

Das Konzept kommt
bei den Schülern gut an

Das bestätigt Thomas Räder, der das neue System am Gymnasium mit eingerichtet hat. „Die Kollegen probieren viel aus und sind äußerst kreativ“, so der Lehrer für Mathematik, Englisch und Informatik. Manches müsse sich noch einspielen, aber das Konzept komme auch bei den jungen Adressaten gut an. „Es wurden innerhalb kürzester Zeit über 180 Gigabyte an Daten hochgeladen“, sagt Thomas Räder.

Für Vater Jörg Crummenerl ist der virtuelle Unterricht seiner beiden Söhne Bjarne (17) und Bent (14) eine Entlastung. „Ich bin zwar mittlerweile im Homeoffice tätig, meine Frau muss aber weiterhin zu ihrer Arbeitsstelle fahren“, berichtet er. Die täglich festgelegte Lernroutine trotz geschlossener Schule helfe der Familie. „Die Übungen sind sehr gut gestaltet und motivieren“, findet auch Bjarne. Bei Rückfragen per Mail komme schnell eine Antwort seiner Lehrer. „So verpassen wir den Anschluss im Stoff nicht“, sagt der 17-Jährige.

Ganz ersetzen kann das digitale Lernen den regulären Unterricht natürlich nicht. „Eine Möglichkeit wäre ein komplett virtuelles Klassenzimmer per Webcam“, sagt Thomas Räder. Das scheitere derzeit aber an der begrenzten Bandbreite und Kapazität der meisten Server. „Die jetzige Situation zeigt, dass hier noch einiges getan werden muss“, findet Räder.