Siege gegen Essen sind für den WSV immer etwas Besonderes. Haben Sie am Sonntag nach dem 3:0 noch gefeiert?
WZ-Interview Der WSV verfolgt das Konzept 2020 weiter
Wuppertal · Der WSV hält an dem Konzept fest, kann aber die Geschwindigkeit nicht halten, erklärt Vorstandssprecher Lothar Stücker in unserem Interview.
Lothar Stücker: Wir haben noch ein wenig mit der Mannschaft zusammengestanden. Es war natürlich auch eine Erlösung, weil es einfach ein schönes Spiel war und die Spieler die Hinspielniederlage sehr gewurmt hatte. Für uns ist es wichtig, zu sehen, dass die Mannschaft sich weiterentwickelt hat.
Mit Platz fünf nähert sie sich nun der Tabellenregion, deren Erreichen am Ende der vergangenen Saison als nächster Schritt gefeiert wurde. Alles gut also beim WSV?
Stücker: Ich denke sportlich sind wir ganz gut im Lauf. Der Abstand zum zweiten Platz ist ja sehr gering. Sicherlich haben wir in einigen Spielen unglücklich Punkte liegengelassen. Aber es stellt sich ja schon heraus, dass Viktoria Köln oben alleine kreist. Ich denke wir haben uns dahinter sehr gut etabliert.
Im Vorjahr war das Derby gegen Essen im Dezember ausgefallen. Inwiefern verbessern die 4500 Zuschauer vom Sonntag jetzt die finanzielle Situation?
Stücker: Zunächst gar nicht, es ist im Zweifel ja nur eine Stundung, wenn man Einnahmeerwartungen aufs nächste Jahr verschiebt. Letzte Saison hat das nicht so funktioniert, weil es in der Rückrunde viele Spiele in wenigen Wochen und damit Zuschauereinbrüche gab. Insofern ist es natürlich positiv, dass wir jetzt die Einnahmen haben, weil wir sonst wieder in eine Durststrecke gekommen wären. Allerdings ist ein Spieltag zu so einem späten Zeitpunkt im Jahr, bei unserem Wetter und der Tatsache, dass drei Stadionseiten nicht überdacht sind, immer mit Einbußen verbunden. 4500 Zuschauer sind nicht das, was man sich erhofft bei einem Heimspiel gegen Essen.
Vor der Saison haben Sie mit 3000 Zuschauern kalkuliert, im Moment liegt der Schnitt bei 2700, bringt das Probleme?
Stücker: Das haut jetzt nicht richtig ins Kontor. Das war in der vergangenen Saison sicherlich schlimmer. Wir haben auch die Planungen modifiziert. Wir merken schon, dass der Zuschauerzuspruch noch einmal ein wenig gesunken ist. Ich glaube, dass man jetzt so ein bisschen aus dem Spannungsbogen Aufstieg aus der Oberliga, erstes Jahr Regionalliga von der Euphorie in eine gewisse Phase der Realität gekommen ist.
Wie stellt sich die finanzielle Situation insgesamt vor diesem Hintergrund dar. Hat sich das Minus, das man seit der Insolvenz vor sich herträgt, weiter erhöht?
Stücker: In der vergangenen Saison natürlich, dazu werden wir zur Jahreshauptversammlung etwas präsentieren. Im laufenden Jahr sind wir verhalten optimistisch, dass wir das einbremsen können. Wir haben durchaus eine Steigerung im Sponsorenbereich. Da wird unter Geschäftsstellenleiterin Maria Nitzsche sehr viel besser gearbeitet. Der Versuch, es vorher über eine Agentur (Dirk Kugel, d. Red) zu versuchen, hat nicht zum Erfolg geführt. Seit wir das hausintern machen, steigern sich dort die Umsatzzahlen und kompensieren die Zuschauersituation weitgehend.
Inwieweit hat der WSV sich von dem Konzept 2020, was ja hieß Aufstieg bis dahin, aber auch eine jährliche finanzielle Entwicklung voraussetzte, verabschiedet?
Stücker: Wir haben das Konzept im vergangen Jahr gebracht, um ein Programm in den Raum zu stellen, an dem sich Unternehmer festhalten können und dementsprechend investiert. Die tatsächlichen Einnahmen waren bei Weitem nicht die, die wir uns erhofft hatten. Demzufolge muss man nach Stand heute sagen: Ein Konzept 2020 wird natürlich weiter verfolgt, aber es ist nicht in der Geschwindigkeit umgesetzt worden.
Kein Fortschritt bedeutet oft Rückschritt. Ist die sportliche Fortentwicklung gefährdet?
Stücker: Das sehe ich nicht. Wenn ich mir die Entwicklung seit 2013 anschaue, glaube ich nicht, dass Stagnation einen Rückschritt bedeutet, sondern einen weiteren, kleineren Schritt. Die Erwartungshaltung ist sicher sehr, sehr groß. Das haben wir durch Platz drei auch selbst geschürt.
Zunächst hieß es, Kaderänderungen im Winter werden nur genutzt, um die Mannschaft weiterzuentwickeln. Sportvorstand Manuel Bölstler hat jetzt nicht ausgeschlossen, dass man eventuell auch Gehalt einsparen müsse. Ist das ein Paradigmenwechsel?
Stücker: Eigentlich sehe ich das nicht so. Dass sich in dieser Transferzeit das Gesicht einer Mannschaft ändert, ist kein WSV-typisches Phänomen. Es hat auch nichts damit zu tun, dass wir nur Kosten sparen wollen. Es geht auch darum, wieder jüngere Spieler mit hineinzuziehen. Wir haben verdiente Spieler, aber Manuel Bölstler ist auch darauf bedacht, Zukunft aufzubauen. Da wird es sicherlich Diskussionen geben. Die Personalie Kramer ist dabei ein Sonderfall. Wir wollen ihn gerne behalten, aber wenn andere Vereine bereit sind, ihm mehr Geld zu bezahlen, muss man sich damit auseinandersetzen.
Würde es den Verein in Nöte bringen, wenn im Winter kein gutes Angebot für ihn vorläge?
Stücker: Nein. Die Situation ist ja durchgeplant. Menschlich und sportliche würden wir uns freuen, wenn Christopher bei uns bleibt.
Aus Wattenscheid hörte man, dass Gehälter zuletzt erst verzögert bezahlt werden könnten, ist so etwas beim WSV auch denkbar?
Stücker Nein, das war nie denkbar und das ist auch nie passiert.
Ist es nicht widersinnig, wenn einerseits das Geld knapp ist, und man dann im Winter ins Trainingslager fährt?
Stücker: Nein, überhaupt nicht. Wir müssen gucken, mit unseren Mitteln eine starke Mannschaft aufzubauen. Da ist ein Trainingslager eine sinnvolle Aktion, gerade wenn es im Winter den ein oder anderen jüngeren Spieler gibt, der dazukommt. Wir sind nicht in der Lage, unser Trainingslager aus dem Laufenden heraus zu bezahlen, deshalb ist es wieder über Sonderaktionen finanziert. Es ist auch wichtig, um zu zeigen, dass man sportlich nicht den Rückschritt macht. Wenn wir jetzt sagen, in den vergangenen Jahren gab es Trainingslager, jetzt nicht, wäre das sonst vielleicht ein Zeichen dafür.
Wie kann der WSV in der Wirtschaft weiter Vertrauen aufbauen?
Stücker: Ich denke, wir haben in den vergangenen Jahren gute Arbeit abgeliefert, einen prominent besetzten Wirtschaftsbeirat, wir machen sehr viel im Sozialen und haben ja auch das Stadionprojekt. Jetzt muss der Funke aber mal von beiden Seiten überspringen.
Wie abhängig ist der WSV von dem Stadionprojekt?
Stücker: Erstmal gar nicht. Das ist für uns rein eine Chance, die noch nirgendwo eingepreist ist. Wir wissen ja gar nicht, wann es kommt.Wir gehen davon aus, dass man es anfassen kann, dass es eine Einzigartigkeit und vielleicht auch eine letzte Chance für die Stadt ist, den ganzen Bereich durch private Investitionen städtebaulich aufzuwerten. Klar ist aber auch, um uns als Verein zu entwickeln, brauchen wir ein moderneres Stadion.
Vor dem RWE-Spiel gab es Stadionverbote für einige Fans der Ultras. Die warfen dem Verein mangelnden Dialog vor. Was ist Ihr Kommentar?
Stücker: Das sehe ich anderes. Wir hatten gerade mit den Ultras in den vergangen Monaten viele und gute Gespräche und auch das Oberhausen-Spiel (aus Vorfällen bei dieser Montagspartie resultieren die Stadionverbote, d. Red) zusammen analysiert. Wir sagen ja nicht, ein Stadionverbot gilt gegen die Ultras. Es geht um wenige Fälle, die anscheinend solche Straftaten begangen haben, die nicht vertretbar sind. Das Stadion ist kein rechtsfreier Raum. Da haben wir auch Verantwortung zu tragen als Veranstalter.
Spricht der Verein die Stadionverbote aus?
Stücker: In der Regel ist es so, dass die Polizei die Verbote empfiehlt. Dann geht es zum Sicherheitsdienst, in unserem Fall Sopp, und der stimmt das mit dem WSV ab.
Die Fans kritisieren den Sicherheitsdienst. Steht der WSV hinter Sopp?
Stücker: Ja, sonst könnten wir mit ihnen gar nicht zusammenarbeiten. Wir können nur sagen, dass wir mit Sopp sehr gut zusammenarbeiten. Die Firma sehr bemüht ist, auch ausgleichend tätig zu sein. Es waren durchaus noch mehr Stadionverbote in der Diskussion, die aber dermaßen dünn argumentiert waren, dass wir keinen Grund für ein Stadionverbot sehen.
Wie viele sind es letztlich?
Stücker: Ich glaube vier.
Mit dem DFB-Pokalspiel der U 19 gegen den VfB Stuttgart gibt es in diesem Jahr noch ein Highlight. Welchen Nutzen kann der WSV daraus ziehen?
Stücker: Enorm viel. Erst mal hat vor der Saison niemand erwartet, dass die U 19 sich so entwickelt, relativ dominant die Liga anführt. Und jetzt kommt mit dem VfB Stuttgart eine der stärksten deutschen A-Jugendmannschaften ins Stadion. Wir wollen animieren, dass dann auch möglichst viele Zuschauer kommen, damit die Leistung der Mannschaft honoriert wird. Wenn man noch sieht, wo die B-Jugend und die C-Jugend in ihren Ligen stehen, muss man festhalten, dass die Jugendarbeit des WSV sehr erfolgreich ist.
Was wünschen Sie sich für den Verein für das neue Jahr?
Stücker: Eine erfolgreiche Rückrunde spielen, es sehr spannend halten oben. Dass die Zuschauerresonanz im Frühjahr, wenn das Wetter wieder besser wird, stark ansteigt, dass wir im Pokal noch die ein oder andere Runde weiterkommen, weil das für uns finanziell immer sehr attraktiv war. Dass die A-Jugend in die Bundesliga aufsteigt, und, wenn es ganz optimal läuft, auch die B-Jugend.