70 Jahre Grundgesetz Graffiti-Aktion: Grundrechte auf dem Wuppertaler Pflaster

Studentin holt ausgewählte Artikel in den öffentlichen Raum und will so zum Gespräch anregen.

Artikel 5 des Grundgesetzes ist unweit des Sitzes der WZ an der Ohligsmühle auf dem Boden zu lesen.

Foto: ja/eike rüdebusch

Iris Ebert hat in dieser Woche in Elberfeld mit einer Sprühaktion für Überraschung gesorgt. An acht Standorten hat sie einzelne Artikel aus dem Grundgesetz mit signalfarbener Sprühkreide und Schablone aufs Pflaster gebracht. Vor dem Von der Heydt-Museum beispielsweise steht: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Am Kolk ist vor der Post das Grundrecht auf das Briefgeheimnis nachzulesen und nahe der Redaktion der Westdeutschen Zeitung das Recht auf Pressefreiheit.

Die 26-jährige Studentin an der Bergischen Universität hatte ihre Aktion zuvor beim Ordnungsamt angemeldet. Es soll ruhig, sagt sie, überall bekannt sein, was sie da tut. Aufmerksamkeit für das Grundgesetz zu bekommen, sei genau ihr Ziel. Gern auch beim Akt des Sprühens. So kam Iris Ebert unter anderem vor dem Museum mit einem älteren Mann ins Gespräch, der sich freute, dass sich eine junge Frau hier politisch so engagiert zeigt. Ein jüngerer Mann indes merkte an, es sei mit der Freiheit der Forschung nicht weit her, wenn sie nicht ausreichend finanziert wird.

Menschen aus ihrem
Alltag reißen

Auf die Projektidee kam Iris Ebert vergangenes Jahr an der Uni. Sie studiert in Wuppertal Public Interest Design im Master und wollte den fundamental wichtigen Text zwischen den Buchdeckeln hervorholen und visualisieren, ihn in den öffentlichen Raum bringen. „Ich bin ein Fan davon, Menschen kurzzeitig aus dem Alltag zu reißen.“ Daher findet sie auch die Stolpersteine so gut, die in vielen deutschen Städten an die Ermordung jüdischer Mitbürger erinnern. Genau dort, wo sie einst wohnten. Diese Verbindung von Text und Ort haben auch ihre visualisierten Grundgesetz-Auszüge.

Wuppertal ist bereits die zweite Stadt, in der sie ihr Projekt in die Praxis umsetzt. Schon im August vergangenen Jahres sprühte Iris Ebert in ihrer Heimatstadt Leinfelden-Echterdingen in Baden-Württemberg die Grundrechte auf und bekam gute Resonanz, wie sie erzählt. Der Geburtstag des Grundgesetzes in dieser Woche war für sie der Impuls, nun auch in Wuppertal aktiv zu werden. Zumal Elberfeld noch mal mehr Publikumsverkehr hat und daher die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die aufgesprühten Sätze gelesen werden.

Allerdings ist den Kreidebuchstaben keine lange Haltbarkeit beschieden. Vor dem Bahnhof, so Iris Ebert, hat die Putzmaschine ihr Werk gleich am nächsten Tag ausgelöscht. Lesen können hätte man hier vom Grundrecht auf Freizügigkeit. Der regnerische Dienstag war für den Erhalt der Spüharbeiten auch nicht gerade förderlich. Die Schrift verblasst, doch einige Tage werde sie schon noch zu lesen sein können. Außerdem hat Iris Ebert ihre Schablonen noch. Die Aktion ist wiederholbar.