Alleinstehende „Gemeinschaft ist wichtig“
Wuppertal · Besucher der Feier für Alleinstehende an Heiligabend suchen Gesellschaft und ein warmes Essen.
Seit inzwischen 70 Jahren ist die Feier für Alleinstehende in der Stadthalle Anlaufstelle für Menschen, die beim größten Familienfest des Jahres nicht allein sein wollen. Organisatoren und Helfer erleben dabei auch jedes Jahr, welche Nöte und Probleme in der Gesellschaft akut sind.
Auf die Besucher, die für drei Euro eine Karte erwerben können, warten festlich geschmückte Tische, eine warme Suppe und ein bunter Weihnachtsteller sowie ein buntes Bühnenprogramm von Künstlern, die ohne Gage auftreten. Organisiert wird die Veranstaltung von Caritas, Diakonie und CVJM mit rund 120 Ehrenamtlern, von denen viele als „Gastgeber“ bei der Feier an den Tischen Ansprechpartner sind.
Viele alte Menschen nutzen das Angebot, aber auch jüngere. Zuletzt gab es auch Flüchtlinge, junge alleinstehende Männer, berichtet Diakonie-Chef Martin Hamburger. Er merkt, dass die Zahl besonders Bedürftiger zunimmt, die sich schon über die warme Suppe freuen. Die wird seit einigen Jahren ausgeteilt, nachdem es lange nur kalte Salate gab. „Wir merken, dass es eine ganze Reihe von Besuchern gibt, die hungrig kommen“, berichtet er.
Er sagt auch: „Vereinsamung geht quer durch alle Schichten.“ Während man vielen ansehe, dass sie wenig Geld haben, gebe es andere, die sich herausputzen und schick machen. Viele seien 60 bis 70 Jahre alt, einige auch 40 bis 50 Jahre. „Es gibt auch Vereinsamung im mittleren Alter“, sagt Hamburger.
Aus seinen Gesprächen mit Festbesuchern weiß er: „Es gibt schon viel Leid in einzelnen Leben.“ Viele hätten großen Redebedarf, dann höre er von vielfältigen Problemen, die gleichzeitig drücken – finanziellen, körperlichen und psychischen Problemen.
Die Familie hat
an Gewicht verloren
Bei Überlegungen zu Ursachen sagt er: „Die Familie hat deutlich an Gewicht verloren.“ Menschen fehle ein festes Umfeld. Auch die Arbeitsplätze mit einfachen Tätigkeiten fehlten, die Menschen mit wenig Fähigkeiten dennoch vermittelten, dass sie genauso viel Wert hätten wie andere. Wer gut im Leben stehe, habe vielleicht einen Freundeskreis, aber manchen gelinge das nicht, einige scheiterten schon daran, neue Medien für Kontakte zu nutzen. „Eine Face-to-face-Begegnung ist doch etwas anderes.“
Dass solche Begegnungen nicht nur bei der Feier für Alleinstehende möglich sind, dafür sorgt zum Beispiel Birgit Hipp, Leiterin der offenen Altenarbeit der Diakonie in Langerfeld, mit Quartiersarbeit. Sie merkt, dass die Angebote des Bornscheuerhauses mit Seniorentreff und Service-Angeboten sowie das Demenzcafé Alléecafé Plus einen Bedarf decken: „Gemeinschaft ist wichtig.“
Die Zahl älterer Menschen steige, die Kinder der heutigen Senioren seien beruflich stärker eingespannt als frühere Generationen. Sie kennt auch viele bitterarme Senioren, die sich keine Freizeitangebote leisten können. Daher brauche es neue Möglichkeiten der Begegnung. „Das A und O ist das Quartier“, sagt sie. In jedem Stadtteil müsse es Anlaufstellen geben, die Angebote vernetzen.
Sie könne in Langerfeld Hilfesuchende weitervermitteln. Nachbarn oder Geschäftsleute wiesen sie auf Menschen hin, die vielleicht Hilfe brauchen. „Früher gab es die Gemeindeschwester“, sagt sie, so etwas fehle heute. Der unpersönliche Kontakt zu Beratungsstellen etwa bei Krankenkassen sei für viele eine hohe Hürde. „Wir müssen zurück zum Kleinteiligen, in den Stadtteil, wir müssen zurück zu den Menschen.“