Kultur Wuppertal: Lebendige Stille mit dem Didgeridoo

Konzert mit Marvin Dillmann in der Immanuelskirche.

Der Didgeridoo-Virtuose Marvin Dillmann präsentierte „Living Silence“ im Kulturzentrum Immanuel.

Foto: Florian Schmidt

Der 1983 geborene Wuppertaler Didgeridoo-Virtuose Marvin Dillmann gestaltete am Samstag einen Soloabend in der Immanuelskirche. Der nahezu vollbesetzte Kirchenraum war gefüllt mit einer Zuhörerschaft, in der alle Generationen vertreten waren. Der Altarraum strahlte in gleißendem Licht. Es gab einige Didgeridoos in verschiedenen Größen und Farben zu sehen. Außerdem lagen Rahmentrommeln, Zimbeln, ein Drumpad und eine Verstärkeranlage bereit. Als Dillmann auftrat, war die Spannung förmlich zu spüren. Er hielt ein Schild hoch, auf dem „Stille“ stand. Es dauerte lange, bis man eine Stecknadel hätte auf den Boden fallen hören. Zwei Klänge der Zimbeln eröffneten dann das Programm.

Das Didgeridoo hat einen den Blechblasinstrumenten ähnlich erzeugten Grundton sowie überblasende Klänge. Weitere Geräusche und Rhythmen entstehen durch Mundbewegungen, Stimmeffekte und Atemtechnik. Die Zirkularatmung macht ein Absetzen zum Luftholen überflüssig. Von den zwölf Stücken des mehr als zweistündigen Konzertes hatte jedes seinen besonderen Charakter. Dillmann bot auch improvisierte Phrasen minimalistischer Art (Steve Reich/Philip Glass) und ekstatischer Trance (Sufi-Musik).

Grillenzirpen, Regentropfen,
Feuer und Donner

Auf dem Drumpad und den Rahmentrommeln konnte man seine Fingertechnik bewundern. Weitere Merkmale seines Spieles waren sphärische Obertöne, ausgehend von dem Grundton, knatternde Unteroktaven, auf- und abgleitende Töne und das Spiel mit den Intervallen, wo etwa die Moll-Terz zur reinen Dur-Terz wird wie in der traditionellen indischen Musik. Eingeblendete Hintergrundgeräusche waren unter anderem Grillenzirpen, Regentropfen, Feuer und Donner. Besonders hervorzuheben waren seine Hand – und Armbewegungen, an denen man das Gespielte ablesen konnte. Sein Gang entlang der Stuhlreihen ermöglichte es dem Publikum, das Spiel aus nächster Nähe zu verfolgen.

Alles war nichts für eine sensationslustige Zuhörerschaft: Das Konzert brachte Dillmann nicht in den Mittelpunkt. Es schien, als wollte er nur ein Medium sein, der die Zuhörerinnen und Zuhörer abholt, um ihnen eine neue Welt zu öffnen. Seine Souveränität ließ keinen Zweifel an der Gewichtigkeit dieser Botschaft.

Die von ihm gezauberte Musik berührte tief und hatte eine heilsame Wirkung, erfreute das Herz und ließ die Sorgen vergessen. Das Faszinierendste waren vielleicht die Klänge des nicht enden Wollenden, des Immer-weiter-gehen-Könnenden.

Was für ein Ereignis, wenn dann so allmählich die Ohren dafür aufgegangen sind. Wie auffordernd, drängend, mitreißend, ja beängstigend kamen die Töne und Rhythmen daher. Wie angefasst und festgehalten und vereinnahmt konnte man sich fühlen. Was war das, was einem so nahe ging?

Welcher Frieden ergriff einen, wenn die Musik zum Ende kam und sich verabschiedete? Wie sehr freute man sich, wenn das Konzert doch noch nicht zu Ende war? Schließlich beendeten aber wie schon zum Auftakt zwei Klänge der Zimbeln den großartigen Konzertabend.