Frau Greven, was verbirgt sich hinter dem Projekt „Neue Urbane Produktion“?
Projekt „Neue Urbane Produktion” Unternehmen im Bergischen: Wie sich Krisensituationen durch lokale Netzwerke meistern lassen
Wuppertal · Das Projekt „Neue Urbane Produktion” soll helfen, Unternehmen im Bergischen Städtedreieck zu vernetzen. Dadurch lassen sich Krisen besser bewältigen.
Wie können Unternehmen im Bergischen Städtedreieck stärker miteinander verzahnt werden und sich besser unterstützen? Wie kann der Kunde sehen, welcher Betrieb sich für Nachhaltigkeit und das Gemeinwohl einsetzt? Das Projekt „Neue Urbane Produktion“, an dem sich Annika Greven vom Wuppertal Institut beteiligt, gibt in der WZ einen Einblick.
Annika Greven: Das Projekt „Neue Urbane Produktion” hat die Aufgabe, Produktionsstätten im Bergischen Städtedreieck miteinander zu vernetzen. Unsere Vision ist es, die regionale Produktion und deren nachhaltige Wertschöpfungsketten durch lokale Kooperation zu stärken. Die Projektbeteiligten des Wuppertal Instituts forschen gemeinsam mit Utopiastadt und dem Transzent (Interdisziplinäres Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit, Anm. der Redaktion) für eine gemeinwohlorientierte Urbane Produktion. Das Projekt „Neue Urbane Produktion“ ist neben sechs weiteren Einzelprojekten in Remscheid, Solingen und Wuppertal im Vorhaben „Urbane Produktion im Bergischen Städtedreieck“ eingebettet. Alle Teilprojekte bringen gemeinsam Pilotvorhaben mit Mehrwert in die Stadt.
Wie kam es zu der Idee für das Projekt?
Greven: „Urbane Produktion im Bergischen Städtedreieck“ ist ein Antrag, der im Rahmen des Aufrufs REGIO.NRW durch die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderung im Frühjahr 2019 zusammen mit insgesamt 32 Institutionen entwickelt und eingereicht wurde. Ausschlaggebend für den Antrag waren der stark wahrnehmbare und zunehmende Transformationsdruck auf Industrie und Gesellschaft. Von der Handwerkskammer über die Universität Wuppertal, von der Realschule über das Wuppertal Institut, der IHK über die FH Südwestfalen hat sich ein vielfältiges Konsortium gefunden, um an den Themen Urbane Produktion, Urbanes Handwerk und Urbane Landwirtschaft zu arbeiten. Alles mit dem Ziel, zukunftsfähiges Wirtschaften und Arbeiten zu ermöglichen unter der Berücksichtigung der Erfordernisse von morgen: weniger Flächenverbrauch, weniger Energieeinsatz, lebensraumnahe Arbeit, et cetera.
Inwiefern spielt die Corona-Krise eine Rolle beim Projekt?
Greven: Die aktuelle Pandemie zeigt die Verletzlichkeit globaler Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen und verdeutlicht, wie globaler Handel auf die Regionen und deren Menschen wirkt. Insbesondere Lieferketten sind gegenüber Einflüssen wie Pandemien sehr gefährdet. Die Corona-Krise verdeutlicht uns, welche Bedeutung belastbare Lieferketten und lokales Produzieren für regionale Wirtschaftsräume haben. Solche Strukturen sind bei sogenannten Urbanen Produktionsstätten häufig schon gegeben. Unser Ziel ist es, die regionale urbane Produktion und deren Wertschöpfungsketten durch lokale Kooperation und Vernetzung auch während Krisenzeiten zu stärken. Lokale Netzwerke sollen dabei die Fähigkeit entwickeln, auf Krisensituationen wie Pandemien, politische Konflikte oder auch Umweltkatastrophen und Finanzkrisen gemeinsam besser zu reagieren.
Welche Potenziale sehen Sie?
Greven: In den vergangenen Jahren haben verschiedene Trends und Entwicklungen wie zum Beispiel die zunehmende Digitalisierung von Produktionsprozessen dazu geführt, dass Städte als Produktionsorte für verschiedenste Güter wieder interessant geworden sind. Es gibt neue Technologien, die es erlauben, sauberer, leiserer und flächeneffizienter zu produzieren, was die Produktion mitten in der Stadt ermöglicht. Bezogen auf die Förderung der neuen, gemeinwohlorientierten Urbanen Produktion liegt ein Antreiber sicherlich in dem aktuell in der Gesellschaft stattfindenden Wertewandel hin zu Themen wie Nachhaltigkeit und einem bewussteren Konsum von ökologischen und sozial fairen Produkten.
Wer kann von „Neue Urbane Produktion“ profitieren?
Greven: Primär profitieren natürlich junge und etablierte urbane Produktionsstätten in der Region, die wir mit unserem Projekt über verschiedene Wege sichtbar machen, fördern und vernetzen wollen. Insbesondere durch die Schaffung von niedrigschwelligen Angeboten zum Experimentieren können sich zudem interessierte Bürger und Gründer dem Themenfeld praxisnah nähern. Im Zuge dessen ist die Entstehung einer offenen Werkstatt auf dem Utopiastadt Campus geplant. Bürger sollen hier in Zukunft die Möglichkeit des selbstständigen Produzierens und Reparierens erhalten. Neben Werkzeugen und Maschinen zur Holz- und Metallbearbeitung finden sich beispielsweise 3D-Drucker, Laser-Cutter und CNC-Maschinen, um eine große Anzahl an unterschiedlichen Materialien und Werkstücken bearbeiten zu können.
Was kostet das Projekt?
Greven: Das Gesamtvolumen des Projekts „Urbane Produktion im Bergischen Städtedreieck – Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Quartiersentwicklung“ beträgt 4,7 Millionen Euro. Das Volumen des Projektes „Neue Urbane Produktion“ beträgt 965000 Euro. Gefördert wird das Vorhaben aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Landes Nordrhein-Westfalen.