Ab dem 24. September Wuppertaler Festival für Tanzperformance und Nachhaltigkeit geht in die zweite Runde

Wuppertal · Vom 24. September bis 6. Oktober. findet das „Fragile“-Festival in und am Schauspielhaus statt.

Zum Auftakt lädt Kate McIntosh ein generationenübergreifendes Publikum ein, sich auf eine Entdeckungsreise durch den Bühnenraum zu begeben. „Lake Life“ ist ein gemeinschaftliches Spiel, ein Puzzle und ein Fest.

Zum Auftakt lädt Kate McIntosh ein generationenübergreifendes Publikum ein, sich auf eine Entdeckungsreise durch den Bühnenraum zu begeben. „Lake Life“ ist ein gemeinschaftliches Spiel, ein Puzzle und ein Fest.

Foto: Bea Borgers

Dass das Pina Bausch Zentrum neue Maßstäbe als Veranstaltungs- und Begegnungsort setzen soll, ist bekannt. Es wurde zuletzt bei der Präsentation des Siegerentwurfs des New Yorker Architektenbüros Diller Scofidio + Renfro beschworen, dessen Flexibilität und Offenheit gelobt. Dass das internationale und partizipative Tanzzentrum auch in Sachen Nachhaltigkeit in die Zukunft führt, ist Bettina Milz ein großes Anliegen. Sie ist für die Koordination der Vorlaufphase zuständig, die bekanntermaßen das Schauspielhaus solange bespielt, bis dieses in eine Baustelle verwandelt wird – die Sanierung des Graubner-Baus ist der andere große sprichwörtliche Baustein des Zentrums. Nächster Programmpunkt ist das Festival „Fragile“ vom 24. September bis 6. Oktober.

Wie Nachhaltigkeit beim Neubau berücksichtigt werden kann, zeigt ein Blick in den Entwurf der New Yorker: Da ist die Rede von Solarkollektoren auf den Dächern und vom Einsatz recycelter Materialien, von der klimaaktiven Fassade, der Entsiegelung der Fläche drumherum und angedachten hundert Radparkplätzen. Wie Nachhaltigkeit in transdisziplinären Tanzperformances aussehen kann, wollten an die hundert Bewerbungen aus der ganzen Welt „von Indien bis Stockholm“ zeigen, die sich über einen Open Call für das Festival gemeldet hatten.

Eine Jury aus Mitgliedern von Fridays for Future Wuppertal, den Kuratoren Melanie Zimmermann (Real Dance Hannover) und Tobias Staab (Dance München), Neuzugang Xenia Gromatzki (Junior Uni Wuppertal), Xenia Wachtel und Bettina Milz (Pina Bausch Zentrum) wählte elf Produktionen aus. Dabei ging es ihnen um eine regionale und internationale Durchmischung und thematische Fragen: „Wir wollen keine dystopische Sicht sondern Mut machen, ins Handeln kommen.“

Der Klimawandel soll nicht als hinzunehmende Katastrophe erscheinen, sondern „der Mensch als Teil der Natur begriffen werden, seine Befassung mit Nachhaltigkeit „nicht als Verzicht, sondern als Vergnügen“. Der Auftakt ist ein Doppelschlag: „Lake Life“ der Neuseeländerin Kate McIntosh geht mit den Zuschauern auf eine gemeinsame Reise. Die partizipative Performance spielt mit den Sinnen, den Grenzen der Identität um den Kontrast zwischen der Unsicherheit der heutigen Zeit und der Wiederentdeckung von Vertrauen herauszuarbeiten (1. Termin: 24. September, 15.30 Uhr). „A String Section“ führt vor, „was passiert, wenn wir den Ast zersägen, auf dem wir sitzen“, erklärt Milz. Die schrullig-schöne wie selbstzerstörerische Choreografie der „Reckless Sleepers“ aus England nutzt den Vorplatz des Schauspielhauses (erster Termin: 24. September, 18 Uhr). Anschließend wird das Festival ebendort offiziell eröffnet. Der regionalen Verortung tragen mehrere Veranstaltungen Rechnung: Die Neu-Schwelmer Deuffert und Plischke präsentieren ihre partizipative Installation „Just in Time – Flying Archive“ mit gesammelten Briefen an den Tanz (ab 24. September). Ferner das Stück „Grün“ von Barbara Fuchs, das in Kooperation mit und im Kinder- und Jugendtheater realisiert wird. Die Produktion für Menschen ab drei Jahre klärt die Frage, was Pflanzen und Menschen gemein haben. Komponist Jörg Ritzenhoff macht Wachstumsgeräusche der Pflanzen erlebbar (ab 3. Oktober). Ben Wicherts Urban Art Complex und der Verein Tanzrauschen führen erneut ihr dynamisches Stück „Ego“ auf – eine Reise durch Geschichte und Styles der Urban Art (3. Oktober).

Und Kenji Shinhoe verbindet sich mit African Loop aus dem Senegal für einen Triple-Abend (ab 4. Oktober). Es geht um indigenes Wissen, Heimat, Materialität von Heimat, die bei der Lösung von Klimaproblemen helfen können. Als weitere Schwergewichte im Programm nennt Milz „Amazonia 2040“ der Kolumbianerin Martha Hincapié Charry. Deren Soloperformance führt die Vernichtung eigener Ressourcen im Amazonas „fast ritualmäßig“ vor. „Eine sehr kritische Arbeit, die wachrüttelt und uns bewusst macht, dass wir Teil der Natur sind“ (ab 27. September).

Die Tanzkomplizen richten sich wiederum bewusst an die junge Generation, mit der sie gemeinsam den Urban-Dance-Style Krump entdecken wollen. „Ich kann’s nicht lassen“ thematisiert soziale Nachhaltigkeit – das Theater beweist seine Stärke als analoger Ort der Begegnung (ab 1. Oktober).

Alle Veranstaltungen sind generationsübergreifend, werden ein- bis dreimal in und vor dem Schauspielhaus aufgeführt – mit einer Ausnahme: dem Kinder- und Jugendtheater.