Was glauben Sie denn? Wuppertaler Kirchenkolumne: Das ist ein Hammer!

Wuppertal · Es ist die Zeit der vielen Worte. Der Wahlkampf für die bevorstehende Bundestagswahl nimmt Fahrt auf.

Dr. Werner Kleine, Pastoralreferent Werner Kleine vor dem großen Bildschirm mit Pfarrbüro24.de

Foto: Fischer, Andreas H503840

Von radikaler Zuversicht ist da die Rede, von Kompetenz und Kampf für die Zukunft, von Freiheit und Sicherheit. Auch will man Deutschland wieder nach vorne bringen, wobei sich natürlich alles ändern soll. Worte, Worte, Worte, die so viel heiße Luft enthalten, dass man besorgt sein muss, dass sie den menschengemachten Klimawandel nicht verschärfen. Statt inflationär Worthülsen mit Parolen in die Welt zu entlassen, wäre es doch wünschenswert, einmal echte Lösungsvorschläge für jene Probleme vorzustellen, von denen viele glauben, dass sie allen bekannt wären. Was glauben Sie denn?

Das vermeintliche Benennen von Problemen bringt gegenwärtig einer Partei vermehrten Zulauf, die dafür bekannt ist, den Hammer zu schwingen, ohne dass sie wirklich den Nagel auf den Kopf treffen würde. Da wird dann beispielsweise vollmundig angekündigt, man würde alle Windräder niederreißen - und unterschlägt dabei angesichts eines Anteils von 63 Prozent erneuerbarer Energieerzeugung, dass dann zur Sicherung der Energieversorgung in der weiteren Nachbarschaft Gas-, Kohle- und Atomkraftwerke gebaut werden müssten. Schlimmer als hohle Phrasen sind jene, die mit den Befindlichkeiten der Menschen spielen, aber eben keine echte Alternative für Deutschland anbieten können.

Ein Manko der Zivilgesellschaft in unserem Land ist die an Behäbigkeit grenzende Harmoniesucht. Man scheut den Konflikt. Kriege möchte man einfach abschalten, so wie man mit der Fernbedienung einen schlechten Krimi ausschaltet. Zumutungen dürfen auch auf keinen Fall sein. Natürlich möchte man den Besitzstand mühelos wahren – einen Wohlstand, der von früheren Generationen unter Mühen erarbeitet wurde. Man geht nur dann auf die Straße, wenn man sich mal kurz empört.

Dabei lebt Demokratie von einer aktiven Zivilgesellschaft, die am Wahltag die Machtverteilung je nach den Stimmenverhältnissen organisiert.

In unserer Demokratie werden keine Regierungen oder Kanzler gewählt (was das Aufstellen von Kandidatinnen und Kandidaten für dieses Amt merkwürdig konterkariert). Wir alle wählen am 23. Februar 2025 die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages. Die Parteien in dem so gewählten Parlament müssen dann jene Mehrheiten organisieren, die eine Regierung möglich machen. Ob es da klug ist, von vorneherein echte demokratische Parteien als Partner zu diskreditieren?

Die Wählerinnen und Wähler verteilen am Wahltag die Macht. In einer Demokratie braucht es Mehrheiten zur Ausübung der Macht. Die Minderheit hat einen Anspruch auf den Schutz ihrer Rechte. Sie muss sich aber in die mehrheitlich gefassten Beschlüsse fügen.

Und der Souverän? Alle vier Jahre bestimmen wir gemeinsam, wie die Macht verteilt wird. Die Zeit dazwischen sind wir aber nicht machtlos. Wir haben eine Stimme. Wir können auf die Straße gehen – so wie es die Solidargemeinschaft Wuppertal in diesen Tagen jeden Montag mit den Spaziergängen für eine demokratische Zukunft tut. Wir können uns einmischen in die Diskurse. Gerade die bürgerliche Mitte muss da lernen, nicht nur Statistiken über die Trefferquote von Hämmern auf Nägel zu führen. Sie muss selber lernen, Tacheles zu reden, statt sich schockiert über das barbarische Verhalten der extremen Peripherie zurückzuziehen oder sich in vornehmer, aber nutzloser Bescheidenheit zu üben.

Deshalb sollten wir uns nicht mit jenen Parolen abspeisen lassen, die Selbstverständliches sagen. Ich jedenfalls will wissen, was da auf uns zukommt. Ich will wissen, was eine Sicherheit kostet, die Freiheit möglich macht. Ich will wissen, wie man die Brücken instand hält, die Energieversorgung realistisch sichert und es endlich schafft, dass die Deutsche Bahn ein verlässliches Verkehrsmittel ist. Ich will nicht mit heißer Luft umweht werden, sondern der Wahrheit ins Auge blicken. Ich will meinem Teil dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft lebenswert bleibt. Diese Zumutung ist ein echter Hammer! Billiger ist Freiheit nicht zu haben. Am Ende gilt nicht das gesprochene Wort, sondern das, was getan wurde.