Wuppertaler Auslese Wuppertaler Lektorin Katrin Adam – Leidenschaft für die Sprache und viel Empathie

Wuppertal · Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren? Wie viel Psychologie ist notwendig, um die Vorstellungen der Romanciers mit den Notwendigkeiten einer Geschichte zu überwinden?

Jede Seite eine Herausforderung: Katrin Adam lektoriert für einen Verlag Romane, darunter auch Krimis.

Foto: JA/Andreas Fischer

Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain äußerte zu Lebzeiten: „Die größte Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit.“ Wer beruflich selbst schreibt oder spricht, weiß das nur zu gut. Wie Katrin Adam. Geboren 1976 in Wuppertal, studierte sie an der Bergischen Universität Allgemeine Sprachwissenschaft und ist seit 14 Jahren als „Textmamsell“ tätig. So heißt ihr Büro, das sie als Lektorin und Texterin betreibt. Broschüren, Webseiten und Pressemitteilungen laufen über ihre Tastatur, sie korrigiert wissenschaftliche Arbeiten, besonders spannend ist ihre Tätigkeit für den Bergischen Verlag aus Remscheid, für den sie Buchmanuskripte prüft und lektoriert, darunter zuletzt den Kriminalroman „Stille Wasser sind tot“ von Daniela Schwaner (2023).

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren? Wie viel Psychologie ist notwendig, um die Vorstellungen der Romanciers mit den Notwendigkeiten einer Geschichte zu überwinden? Und hilft die Liebe zur Sprache oder ist ein Buchlektorat eine rein sachliche Angelegenheit? Darüber hat die WZ mit Katrin Adam gesprochen.

Am Anfang waren Marketing und Pressearbeit ihre Domizile

Die 47-Jährige ist über die Liebe zur Sprache zu ihrem Beruf gekommen. „Zu Studienzeiten haben mich Kommilitonen angefragt, ob ich ihre Abschlussarbeiten Korrektur lesen könnte. Das habe ich gern gemacht, natürlich unentgeltlich. Aber dadurch habe ich gemerkt, dass mir das liegt.“ Sie arbeitete zunächst in einer Online-Redaktion, absolvierte einen Ausflug ins Marketing, in die Werbung und in die Pressearbeit für Unternehmen, bis sie mit einem Verlagsmitarbeiter ins Gespräch kam.

Dabei geht ihre Aufgabe als Lektorin – entgegen vielfacher Vorstellungen – weit darüber hinaus, Tippfehler zu korrigieren. Die inhaltliche Begleitung sei das Entscheidende, sagt sie, gerade bei Romanen: Besitzt die Handlung einen roten Faden? Ist die zeitliche Abfolge der Geschichte korrekt? Sind die Figuren und ihr Verhalten nachvollziehbar? „Es kann sein, dass eine Person als introvertiert charakterisiert ist, in einer Situation aber auf einmal ganz anders handelt, ohne dass dies gerechtfertigt scheint.“

Sie habe Spaß daran, sich in Details zu verlieren, „die beschäftigen mich wahnsinnig. Wenn ich Texte lese oder jemanden sprechen höre, habe ich immer den Rotstift im Kopf gezückt.“ Wobei sie zugibt: „Es fällt mir schwer, das Perfektionistische abzulegen, obwohl das für einen Lektor nicht gut ist. Irgendwann muss ich einfach loslassen.“ Drei Monate befasst sie sich im Schnitt mit einem Buchprojekt, während dieser Zeit erfolgen zwei bis drei Durchgänge. „Ich arbeite viel mit Notizen auf Papier, weil ich den Eindruck habe, dass dieses Vorgehen den direkten Weg ins Gehirn findet.“ Der Autor hingegen erhalte sein korrigiertes Manuskript natürlich in einem Textdokument – „versehen mit vielen Kommentaren“.

Nicht immer werden die Vorschläge angenommen; da hilft dann auch keine Psychologie, die Katrin Adam im Nebenfach studiert hat. Aber generell – und das ist ihr wichtig – sei die Arbeit zwischen Lektorin und Autor nicht von Kritik bestimmt: „Es ist ein Verbündetsein, allein dadurch, dass man drei Monate zusammenarbeitet. Man wächst zusammen, weil man das gleiche Ziel hat, dadurch ist ein Vertrauensverhältnis für den Erfolg der Arbeit elementar.“ Daher kann sie sich auch nicht vorstellen, dass ein Lektorat, „wie ich es lebe, durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden kann, weil man wirklich viel Feingefühl braucht“.

Ein Buch müsse ihr nicht zwingend gefallen, um es zu lektorieren, „aber das macht es einfacher. Bei einem Krimi zum Beispiel sollen die Hauptfiguren sympathisch rüberkommen, die Handlung muss mit genügend Wendungen versehen sein, damit nicht von vornherein klar ist, wie es ausgeht.“ Dabei würden sie lokale Geschichten besonders einfangen, sagt Adam, „weil es spannend ist, bekannte Orte nachzuvollziehen. Ich hatte mal einen Roman auf dem Tisch, in dem eine Leiche im Feld gefunden wurde und ich dachte: Mensch, da bist du schon so oft dran vorbeigefahren.“

Diesen lokalen Bezug hat sie auch für Ihr Büro gewählt. Textmamsell nennt sie sich und nimmt dabei Bezug auf die Kaltmamsell. „Den Begriff kennt man hier im Bergischen Land“; er steht für eine Mitarbeiterin, die ein Buffet betreut. „Und da ich mit dem Tal sehr verbunden bin, fand ich den Begriff sehr passend.“

Ihre tiefe Beziehung zur Region kam im Jahr 2015 auch durch eine Publikation zum Tragen: „Die Wupper – eine Reise ins Innere der Stadt“ heißt das bekannteste Theaterstück von Else Lasker-Schüler, das Katrin Adam zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Ernst-Wilhelm Bruchhaus aufarbeitete, seine Geschichte, Spielorte, Inszenierungen beschrieb und mit der Biografie der Wuppertaler Schriftstellerin verband. „Dieses Buch hat eine unglaublich große Bedeutung für mich.“

Bei all der Erfahrung als Lektorin noch einmal ein eigenes Buch zu schreiben, sei für die 47-Jährige zwar vorstellbar: Lyrik würde es sein. „Aber das ist ein schwieriger Markt. Im Moment ist das, was Geld bringt, erst einmal vorrangig.“ Sagt sie und zückt den Rotstift.