Wuppertaler Polizei-Tagebuch Zum Jahreswechsel in Polizeigewahrsam
Polizistin Nele Ernst über ihre Erlebnisse in der Silvesternacht.
In der Silvesternacht ging unsere Schicht ausnahmsweise zehn anstatt acht Stunden. Angefangen hat die Nachtschicht mit einem Randalierer an einem Mehrfamilienhaus. Eine Familie wollte mit einem befreundeten Ehepaar gemeinsam die Jahreswende feiern – und dies geschah mit ordentlich Alkohol. Der Herr, der der Auslöser für unseren Einsatz war, hat es dabei scheinbar etwas zu gut gemeint. Stark alkoholisiert und an die Hauswand gelehnt, trafen meine Kollegen und ich den Herren vor der Haustür der befreundeten Familie an. Einige beschädigte Briefkästen fielen uns dabei sofort ins Auge – ebenso die frischen Verletzungen an einer Hand des Mannes…
Auf die Ansprache unsererseits reagierte er sofort aggressiv. Er wisse nicht, warum die Polizei da ist und mit den beschädigten Briefkästen hätte er erst recht nichts zu tun. Die Geschichte ließ sich durch ein Gespräch mit den anderen Personen vor Ort schnell klären. Der Mann hatte zu viel getrunken. Im Verlauf verbaler Streitigkeiten sei der Mann ausgerastet und kurz darauf aus der Wohnung geflogen. Da ihm das nicht passte, hat er an der Haustür randaliert, bis man die Polizei alarmieren musste.
Allerdings schien der Mann sich nicht zu beruhigen. Im Gegenteil – er wollte sich trotz eines Platzverweises noch immer nicht von der Örtlichkeit entfernen. Nachdem wir ihn vor die Wahl stellten, entweder mit dem Taxi den Nachhauseweg anzutreten oder in Gewahrsam genommen zu werden, lief es auf die zweite Möglichkeit hinaus. Einige Minuten vor Neujahr mussten meine Kollegen samt Randalierer den Weg zum Polizeigewahrsam antreten und haben auch dort die letzten Minuten aus 2019 und die ersten in 2020 verbracht.
Später in der Neujahrsnacht ist ein weiterer betrunkener Mann aus seinem Fenster im ersten Obergeschoss auf ein parkendes Auto und dann auf den Boden gestürzt. Als mein Kollege und ich eintrafen, war bereits ein Rettungswagen vor Ort und der Mann wurde behandelt. Glücklicherweise war er noch ansprechbar. Wir als Polizei mussten sichergehen, dass der Sturz kein Fremdverschulden als Ursache hatte und mussten die Wohnung des Mannes sichern, da das Fenster noch offen stand. Da wir keinen Schlüssel zur Hand hatten, ging es über die angrenzende Wohnung durch ein Fenster heraus und darüber durch das noch offen stehende Fenster in die Wohnung des Mannes. Da sich keine weitere Person in der Wohnung befand, konnte ein Fremdverschulden ausgeschlossen werden. Der Herr musste seine restliche Silvesterfeier im Krankenhaus verbringen.
Kurz vor Feierabend gab es noch eine Schlägerei am Bahnhof, zu der wir mit zwei Streifenwagen gefahren sind. Im Bahnhof konnten wir keine Täter mehr antreffen. Als wir den Bahnhof aber wieder verließen und uns eine Personengruppe erblickte, rannten diese plötzlich fluchtartig vor meinen Kollegen und mir weg. Wir nahmen die Verfolgung auf – teils zu Fuß und teils mit einem Streifenwagen – und konnten die Personen schließlich einige Straßen weiter stellen. Ein paar Personalienfeststellungen später konnten die Personen dann wieder ihrer Wege gehen. Mit der Schlägerei im Bahnhof hatten sie nichts zu tun. Dass sie sich aber durch das Wegrennen vor der Polizei unnötig verdächtig gemacht haben, konnten sie nur schwer nachvollziehen.
Ansonsten gab es in der Silvesternacht einige Containerbrände und – wer hätte es gedacht – viele Betrunkene. In dieser Woche standen dann neben den normalen Wechselschichten Einsatztraining und eine Schulung für das Lasergerät zur Geschwindigkeitsmessung auf dem Plan.
Im Einsatztraining wurden Eingriffstechniken aufgefrischt und für den Ernstfall im Einsatz trainiert. Das ist wie unser Schieß- und Schlagstocktraining, in welchen jährlich bestimmte Prüfungen absolviert werden müssen – unabdingbar, um in entsprechenden Situationen handlungsfähig zu sein und auch zu bleiben. Zwei der speziell ausgebildeten Einsatztrainer zeigen uns dabei verschiedene Eingriffstechniken und hilfreiche Tricks für den Arbeitsalltag, die es dann zu üben und zu wiederholen gilt, um sich Bewegungsabläufe einzuprägen und diese zu verbessern. Ganz nebenbei wird innerhalb des Trainings auch die Gemeinschaft innerhalb des Kollegenkreises auf der Wache gefördert.
In der Laserschulung wurden wir „Neuzugänge“, also die frischen Kommissare der Polizei Wuppertal, mit den verschiedenen Geschwindigkeitsmessgeräten vertraut gemacht. Nach ein paar Stunden Theorie konnten wir uns dann selbst an den Geräten ausprobieren und für den Echtbetrieb üben.