Zur Belohnung ein Konzertbesuch

30 junge Häftlinge freuten sich über Auftritt von Open Fuse.

Wuppertal. Schleusen, Türen, Wandelgänge — etwa zehn Minuten dauert der Fußmarsch vom Eingang bis zu einem nüchtern gestalteten Raum, der knapp zwei Stunden lang als Konzertsaal dienen wird. Nachdem im August die ersten Häftlinge ins Jugendgefängnis Ronsdorf eingezogen sind, steht etwas Abwechslung auf dem Programm. Anstaltsleiter Rupert Koch hat sehr genau geprüft, welchen Häftlingen er den Konzertbesuch gestattet. Es sei „ein wenig Belohnung für die, die sich gut benehmen“.

30 Stühle sind vor der Bühne aufgestellt, sie bleiben leer, bis die Band „Open Fuse“ mit dem Soundcheck fertig ist. Mit dabei sind sechs Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Barmen, die sich für den JVA-Besuch gemeldet haben. Die Idee ist, dass sie anlässlich des Welt-Aids-Tages auf gleichaltrige Jugendliche treffen, die aufgrund ihres Werdegangs wesentlich dichter an Themen wie Drogen, Gewalt und Aids leben. Dann betreten die 30 ausgewählten Häftlinge den Raum und nehmen gesittet Platz. Weil auch Besucher ihre Uhr am Eingang zurücklassen müssen, bleibt Zeit für Gäste und Insassen eine reine Gefühlsangelegenheit. Wie viele gefühlte Minuten und Stunden wird es dauern, bis der letzte Song verstummt ist und sich die Wege der Beteiligten wieder trennen? Wird bis dahin der Eindruck anhalten, die Gesichter der Häftlinge als purer Voyeur zu betrachten?

Nach dem ersten Song treten die Schülerinnen Laura und Christina vor das Publikum und lesen Texte. Es sind Lebensgeschichten, wie die Häftlinge sie hinlänglich kennen dürften: schwere Wege, die von Krankheit. Verwahrlosung und Tod gepflastert sind. Den jungen Männern ist keine eindeutige Gefühlsregung anzumerken, aber sie lassen ungehindert ihre Freude heraus, als die Band ihre Gigs spielt.

Laura, die vor den 30 Häftlingen einen Text über Sexualleben gelesen hat, betrachtet ihren Auftritt mit großer Nüchternheit. „Ich war ein bisschen aufgeregt, aber sonst fand ich das ganz normal.“ Damit endet die Begegnung, gehen die Häftlinge zurück in ihre Zellen. Für die Besucher bleibt der lange Weg zum Ausgang, wo man erleichtert ist, dass sich die Türen wieder öffnen.