17.30 Uhr – Warnstufe lila

Erst färbt sich der Himmel schwarz, dann knallen die ersten walnussgroßen Eisbälle gegen die Fensterscheiben.

Düsseldorf/ Neuss/ Meerbusch. Jutta Oster führt gerade ein Telefonat, als sich um 17.30 Uhr der Himmel immer weiter verfinstert. Plötzlich knallen walnussgroße Eisbälle gegen die Fensterscheiben ihrer Neusser Wohnung. Erst vereinzelt, dann schwillt der Krach an, der nun so laut ist wie ein Trommelfeuer. Blankes Entsetzen steigt in ihr auf.

Am Telefon versucht sie zu schildern, was sie sieht, aber ihr Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung kann sie kaum noch verstehen, so laut donnern die Hagelstücke gegen das Glas. Im Garten krümmen sich die Bäume im Sturm, überall fliegen Blätter und Äste durch die Luft, auf dem Boden liegt eine Eisschicht.

"Ich habe gedacht, der Hagel durchschlägt die Scheiben", sagt die 36-Jährige später, als der ganze Schaden sichtbar wird. In vielen Häusern der Nachbarschaft sind die Keller vollgelaufen, überall liegen Äste auf der Straße. Wiesen und Gärten stehen unter Wasser, manche Autos sind vom Hagelschlag beschädigt.

Ähnliches spielt sich zur gleichen Zeit in Meerbusch ab. Barbara Patzke wohnt im Ortsteil Osterath und verfolgt bang die Unwetterwarnungen im Internet. Der Rhein-Kreis Neuss ist auf der Karte der Unwetterzentrale lila eingefärbt: Das ist die höchste Warnstufe. Schon wird der Himmel schwarz, sintflutartig prasselt der Regen herab.

"Ich habe sofort an das schlimme Unwetter von vor einem Jahr denken müssen", erzählt die 27-Jährige. Ende Mai 2008 verfärbte sich der Himmel frühmorgens ähnlich. Dann krachten die ersten Hagelstücke zu Boden. Sie durchschlugen Dachfenster und beschädigten Autobleche. "Ein Eisbällchen hinerließ ein Loch in einem unserer Blumenkästen. Das ging da durch wie Butter." Damals blieb immerhin der Keller verschont. Das ist diesmal anders.

Als Barbara Patzke die Treppen hinuntergeht, um nachzusehen, hört sie schon das verdächtige Plätschern. Durch den Anschluss zum Kanal drückt sich Wasser. Verdammt!

"Im Keller stehen unser Tiefkühlschrank und unsere Waschmaschine unter Wasser", sagt die 27-Jährige etwas entnervt, als der Regen endlich aufgehört hat. "Die Waschmaschine ist noch kein halbes Jahr alt."

Ortswechsel. Auch in Düsseldorf werden einige Menschen nervös, als sie von dem Unwetter erfahren, das auf sie zukommt. Einige retten sich mit ihren Autos in Parkhäuser, um einem möglichen Hagelschlag zu entgehen - eine fatale Entscheidung. Denn der Hagelschlag bleibt aus; dafür laufen einige Parkhäuser mit Wasser voll.

Dumm läuft es auch für jene, die am Abend noch dringend zum Flughafen müssen. Die entsprechenden Autobahnen sind stundenlang gesperrt. Auf der A44 ist hinter der Flughafenbrücke in Richtung Meerbusch die Böschung auf 20 Metern weggeschwemmt worden, inklusive der Notrufsäule. Einzige Hoffnung: Da der Flugverkehr von 18 Uhr bis 19.20 Uhr ruhte, verspäten sich auch die meisten Flüge. Glück im Unglück?