Justiz sucht nach den Ursachen der Panne
Einen neuen Gutachten-Auftrag des Landgerichts Mönchengladbach wollte das Oberlandesgericht nicht mehr abwarten.
Düsseldorf. War es tatsächlich schlichte Schlampigkeit der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, dass der mutmaßliche Sexualtäter Günter B. aus der U-Haft entlassen werden musste - oder gibt es möglicherweise auch noch andere Gründe? Dies untersuchen derzeit ein Ministerialrat des Justizministeriums sowie ein Oberstaatsanwalt der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft. Nach Informationen unserer Zeitung gab es in der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach während der Ermittlungen gegen Günter B.einen Wechsel bei den bearbeitenden Staatsanwälten - der Nachfolger hatte sich also erst in den Fall einarbeiten müssen.
Eine entscheidende Rolle beiden Verzögerungen spielt auf jeden Fall ein von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes psychiatrisches Gutachten. Dessen besondere Eilbedürftigkeit hatte die Staatsanwaltschaft dem Gutachter zwar mitgeteilt, es dann aber versäumt, ihn auch tatsächlich zur Eile anzutreiben. Dies geht aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) hervor, der unserer Zeitung vorliegt.
Auch hatte die Staatsanwaltschaft nicht reagiert, als der Gutachter nicht zum angekündigten Termin 30. April sein Gutachten fertigstellte. Stattdessen, so das OLG in seinem Beschluss, habe die Staatsanwaltschaft noch bis zum 20. Mai "abgewartet", bevor sie dem Sachverständigen ein Ordnungsgeld androhte.
Doch auch das Landgericht Mönchengladbach, bei dem die Staatsanwaltschaft schließlich am 3. Juni Anklage einrichte, hat offenbar nicht sonderlich schnell gearbeitet: Am 1. Juli hatte das Gericht immer noch keinen Termin für eine Hauptverhandlung vorgesehen, stattdessen am 22.Juni beschlossen, zuvor noch ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben - über die Glaubwürdigkeit der Opfer-Aussagen. Dies sei "bei der derzeitigen Beweislage nicht nachvollziehbar", beschied das OLG.
Trotz des nach wie vor dringenden Tatverdachts und auch trotz Fluchtgefahr müsse Günter B. daher freigelassen werden.