Bald neuer Prozess um tote Schülerin auf Mallorca?

Im Dezember 2006 wurde Torsten T. zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Jetzt hofft der Wuppertaler, der im Gefängnis als Küster arbeitet, auf einen neuen Prozess.

Wuppertal. Es war der wohl umstrittenste Prozess des Sommers 2006: Am 22. August kam das Landgericht zum Ergebnis, dass die Tötung einer 15 Jahre alten Schülerin aus Lüdenscheid im Sommer 2002 auf Mallorca nicht als Mord, sondern als Körperverletzung mit Todesfolge zu werten sei. Der heute 42 Jahre alte Wuppertaler Kleinkriminelle Torsten T. wurde dafür zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Eigentlich war schon vor der Urteilsverkündung klar, dass das Urteil angefochten würde. Jetzt sind die Revisionsbegründungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft auf dem Weg zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Die Anwälte haben mehr als 150 Seiten verfasst, Oberstaatsanwalt Ralf Meyer kommt mit weit weniger Platz aus. Er ist nach wie vor davon überzeugt, dass Torsten T. die Schülerin töten wollte. Dem Vernehmen nach könnte es schon vor den Sommerferien eine höchstrichterliche Reaktion zu dem umstrittenen Wuppertaler Fall geben.

Die Anwälte sehen gravierende Verfahrensfehler. Schon während des Prozesses gab es Streit um die Verwendbarkeit eines angeblichen Geständnisses von Torsten T. Die Verteidiger Klaus Sewald und Harald Benninghoven torpedierten den Einsatz eines verdeckten Ermittlers auf ihren Mandanten. Jener V-Mann, Deckname "Dieter", wurde dazu mehrfach im abgeschirmten Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf vernommen.

Ebenfalls umstritten ist die Indizienkette: Bereits in ihren Plädoyers hatten die Anwälte nochmals darauf verwiesen, dass es keine gesicherten Angaben über die Todesursache, den Todeszeitpunkt, das Tatgeschehen und den Tatort gibt. Und Torsten T.? Der 42-Jährige aus Beyenburg, der im Prozess von seinem Schweigerecht Gebrauch machte, hatte einen schweren Stand. Viel wurde in öffentlicher Sitzung über seine finanziellen und vor allem sexuellen Probleme gesprochen. Seit dem Prozess gilt er als ein frustrierter Mann, der in einer kruden Wunschwelt aus Pornos und Voyeurismus lebt. Die bizarrste Episode: Mit einem Nachtsichtgerät soll der Wuppertal einst am Strand von Arenal sich liebende Pärchen beobachtet haben. Später soll er mit einem präparierten Kleinbus und "Vergewaltigungskoffer" unterwegs gewesen sein. Derzeit sitzt der 42-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Simonshöfchen.

Dort gilt er als ausgesprochen umgänglich und harmlos. Wie die WZ erfuhr, ist er seit Ende des Prozesses in er JVA-Kirchengemeinde tätig. Als Küster hilft er bei der Abwicklung von Gottesdiensten hinter Gittern. Jetzt wartet er darauf, ob und wann sein Verfahren neu aufgerollt wird.