Interview mit Eckhard Uhlenberg: „Kyrill hat uns hart getroffen“
Der Orkan hat im NRW-Wald einen Schaden in Milliardenhöhe hinterlassen, sagt Minister Uhlenberg.
<strong>Herr Uhlenberg, vor genau vier Wochen hat der Orkan "Kyrill" Deutschland heimgesucht. Wie fällt heute Ihre Schadensbilanz für den NRW-Wald aus?Uhlenberg: Auch wenn noch nicht alle Schäden exakt erfasst sind, steht fest: Etwa 25 Millionen Bäume sind umgefallen. Das sind rund zehn Millionen Festmeter Holz - sicherlich ein Milliardenschaden allein im Wald. Folgeschäden für den Tourismus sind da noch gar nicht mitgerechnet.
"Viele Waldbauern sind in der Existenz bedroht."
In der Vergangenheit hat es immer wieder Orkane gegeben. Zuletzt hatte 1999 "Lothar" gewütet. Wie fällt der Vergleich zu "Kyrill" aus?Uhlenberg: Man kann ohne Zweifel sagen, dass es dieses Mal viel schlimmer war. Viele Waldbauern sind in ihrer Existenz bedroht. Wie können Sie denen helfen?Uhlenberg: Es gibt alleine in der am stärksten betroffenen Region Südwestfalen 30 000 Waldbauern. Die meisten haben nur einen kleinen Wald als Nebenerwerb. Aber diejenigen, die davon leben müssen, machen eine schwere Zeit mit. Wir haben zunächst in Südwestfalen Krisenstäbe und Anlaufstellen sowie ein Call-Center eingerichtet. Was wird dort gemacht?Uhlenberg: Vor allem werden die Aufräumarbeiten koordiniert. Und wir geben Hinweise an die Bauern, wie sie ihr Holz vermarkten können. Um den Holzpreis einigermaßen stabil zu halten, ist es wichtig, dass es nicht zu Panikverkäufen kommt. Daher rede ich auch mit den Sägewerk-Besitzern, zunächst mit denen aus NRW, dann auch mit den internationalen. Die müssen Verständnis für diese Ausnahmesituation haben. Direkte finanzielle Hilfe gibt es nichtUhlenberg: Wir haben zusammen mit der NRW-Bank ein 40 Millionen Euro umfassendes Kreditprogramm aufgelegt. Das Land gibt zwei Millionen Euro, um die Zinsen sehr günstig zu halten. Damit wollen wir auch die Einrichtung von Lagerstätten beschleunigen. Denn die Zeit drängt. Warum?Uhlenberg: Die Borkenkäfersaison beginnt bald. Wir müssen möglichst schnell möglichst viel Holz verkaufen oder einlagern. Aber wir wissen auch: Die Arbeiten werden bis ins nächste Jahr hinein andauern. "Kyrill" hat uns hart getroffen. Der Bund Deutscher Forstleute kritisiert, Sie betrieben Krisenmanagement für die Kulisse, und sagt, Sie übergingen die Waldbauern und Forstleute vor Ort. Was sagen Sie dazu?Uhlenberg: Das ist ebenso falsch wie ungerecht. Ich bin ständig vor Ort, stehe in Kontakt mit allen Beteiligten. Natürlich sind die Waldbauern und die Förster unsere ersten Ansprechpartner. Sie planen eine Forstreform, wollen einige Forstämter schließen. Müssen Sie angesichts der Lage diesen umstrittenen Plan nicht überdenken?Uhlenberg: Der Bund Deutscher Forstleute schießt inzwischen gegen jeden Vorschlag, den ich mache, selbst gegen die Einrichtung eines Call-Centers. Das ist albernes Theater. Die Forstreform ist noch gar nicht beschlossen, sie hat also mit den Waldschäden nichts zu tun. Mit der Reform reduzieren wir die Zahl der Forstämter und straffen die Verwaltung. Die Reviere bleiben bestehen: Dort wird die eigentliche Arbeit gemacht, dort sind die Förster natürlich auch künftig präsent. Eckhard UhlenbergMinister Eckhard Uhlenberg (58) ist seit dem Sommer 2005 NRW-Umwelt- und Landwirtschaftsminister. Der CDU-Mann folgte der Grünen Bärbel Höhn nach und hat es sich zur Aufgabe gemacht, künftig den Landwirt in den Mittelpunkt seiner Politik zu stellen - ein Beruf, den der Westfale selbst ausgeübt hat.
NRW-Wald: Das Land ist grün: 918 000 Hektar oder 27 Prozent der Gesamtfläche Nordrhein-Westfalens bedecken Wälder. Wie viele Hektar davon geschädigt wurden, wird gerade von Förstern ermittelt. Für Luftbilder war das Wetter bisher zu schlecht.