Der Papst will zurück zum Latein

In den 60er Jahren wurde das Latein in der Messe zurückgedrängt. Nun soll wieder in der alten Sprache gebetet werden.

<strong>Rom. Papst Benedikt XVI. hat die Welt schon des Öfteren überrascht. Durch seine harschen Äußerungen zum Thema Islam und Gewalt etwa, durch sein Treffen mit dem notorischen "Rom-Kritiker" Hans Küng. Oder auch nur damit, dass er die rote Weihnachtsmütze (Kamauro) wieder aus dem Schrank holte. Mit seinem gestrigen Votum für die Wiedergeburt der lateinischen Messe schreibt der Deutsche auf dem Petrusstuhl vermutlich Kirchengeschichte - einen Monat vor seinem zweijährigen Amtsjubiläum ist Joseph Ratzinger auf dem bestem Wege, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Ist es ein Weg zurück? Zwar drückt sich der Papst in seinem Schreiben "Sacramentum Caritatis" (Sakrament der Liebe) zum Thema Eucharistie (Abendmahl) vorsichtig und bedächtig aus. Fast demütig und bescheiden spricht er lediglich von einer Empfehlung, betont, formell sei sein Wort ja durchaus mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vereinbar. Doch in der Sache ändert das wenig: Gut 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil macht der konservative deutsche Papst ohne Wenn und Aber klar, dass ihm die katholische Messe auf Latein ganz besonders das Herz erwärmt. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatte dem Latein bei den Gebeten im Gottesdienst praktisch ein Ende bereitet. Allerdings war der Gebrauch des Latein damals nicht ausdrücklich verboten worden.

"Es ist gut", wenn die großen Gebete der Messe in Latein gehalten werden - mehr braucht ein Papst nicht zu sagen. Ausdrücklich fügt er hinzu, auch die angehenden Priester sollten künftig schon im Seminar lernen, wie man in lateinischer Sprache zelebriert. Papst Benedikt macht klar, dass er es ernst meint.

Allerdings, nicht wenige Katholiken und Kirchgänger vor allem im südlichen Europa räumen ein, der alte Ritus mit dem guten alten Latein sei doch "viel feierlicher, viel erhabener" gewesen. "Hic est enim calix sanguinis mei" klinge einfach viel schöner als "Das ist der Kelch meines Blutes", wie der erste Satz der Wandlungsworte bei der Eucharistiefeier (Abendmahl) auf Deutsch heißt. "Pater noster, qui es in caelis" sei schlichtweg bewegender als "Vater unser, der Du bist im Himmel".

"Das Papstschreiben ist ein Schritt zu mehr Würde im Gottesdienst, das Latein kann dabei eine Rolle spielen", meint eine Mitarbeiterin von Radio Vatikan. "Außerdem sehe ich die Worte des Papstes wirklich nur als eine Empfehlung, nicht als eine Weisung." Zudem könnte das Latein bei internationalen Gottesdiensten als Lingua Franca (Weltsprache) dienen - wenn die Gläubigen sie verstehen.

Dabei klagen im Vatikan Lateinexperten, die spöttisch "Latin Lovers" genannt werden, seit Jahren über den Niedergang der klassischen Sprache: "Wer spricht denn heute noch Latein?", fragte unlängst ein Experte aus dem "Übersetzungsbüro" des Vatikans, in dem alle Dokumente und Schreiben in die Sprache Ciceros gebracht werden. "Die Priester können es nicht mehr, nicht mal mehr die Bischöfe, es ist furchtbar. Manche können nicht mal mehr die Inschriften auf den Grabsteinen lesen, ein Skandal."

Latein in der Messe: In dem über 140 Seiten langen Apostolischen Schreiben "Sacramentum Caritatis" (Sakrament der Liebe) des Papstes heißt es wörtlich: "Es ist gut, wenn außer den Lesungen, der Predigt und den Fürbitten der Gläubigen die Feier in lateinischer Sprache gehalten wird; ebenso sollen die bekanntesten Gebete aus der Überlieferung der Kirche in Latein gesprochen und eventuell einige Teile in gregorianischem Choral ausgeführt werden."

Abendmahl: In seinem Schreiben erteilte der Papst einem gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Protestanten eine klare Absage.

Beim Konzil 1962-1965 galt der junge Theologieprofessor Josef Ratzinger als reformfreudig. Aber eine Reform hat er nie gemocht: die weitgehende Entfernung der lateinischen Sprache aus der römisch-katholischen Liturgie.

Als Papst führt Ratzinger nun wesentliche Latein-Elemente wieder ein. Damit kommt er sicherlich einem Bedürfnis besonders von älteren Gläubigen nach, die sich nach den prachtvoll-feierlichen, unverwechselbar katholischen Hochämtern ihrer jungen Jahre zurücksehnen.

Viele jüngere Kirchgänger aber, die inzwischen mit einer schnörkellosen deutschen Gebetssprache aufgewachsen sind, wird die Reform der Reform irritieren. Und die unversöhnliche Haltung Benedikts gegenüber Protestanten und wiederverheirateten Katholiken ebenso. Die neuen Empfehlungen aus Rom mit Augenmaß umzusetzen, das wird eine anspruchsvolle Aufgabe für die deutschen Bischöfe werden.