Religionen: Katholiken geben Geld für neue Moschee
Eine Kölner Kirchengemeinde unterstützt umstrittenen Neubau. Ihrem Pfarrer geht es um den Frieden im Viertel.
Köln. Wenn der Kölner Pfarrer Franz Meurer (55) am kommenden Sonntag im Priestergewand vor dem Altar steht, wird er der Gemeinde nach den Fürbitten verkünden: "Die heutige Kollekte ist für den Bau der großen neuen Moschee in Ehrenfeld bestimmt." Proteste erwartet er nicht. Die Sammelaktion ist sowohl vom Pfarrgemeinderat als auch vom Kirchenvorstand einstimmig beschlossen worden. "Ist doch klar, dass wir denen helfen", sagt er.
Als die Sonderkollekte am vergangenen Sonntag schon mal angekündigt wurde, gab es durchaus ein paar Gemeindemitglieder, die fragten, ob das denn nun sein müsse. Wo doch zum Beispiel an Weiberfastnacht ein Familienvater von vier jungen Türken ins Koma geprügelt worden sei. "Da hab ich gesagt: ,Mensch, Leute, überlegt doch mal. Dadurch stärken wir doch die Vernünftigen.’"
Die Idee zu der ungewöhnlichen Sammelaktion entstand im Pfarrgemeinderat von St. Theodor. Der Vorsitzende erinnerte daran, dass die neue Kirche der Gemeinde vor fünf Jahren fertig wurde und es damals ein schönes Geschenk von der evangelischen Nachbarpfarrei gegeben hatte. "Und jetzt sollten wir umgekehrt auch mal jemandem was schenken. So kamen wir auf die Moschee, denn die wird vom selben Architekten gebaut, von dem unsere Kirche stammt."
Die geplante Moschee am Hauptsitz der türkisch-islamischen Vereinigung DITIB in Köln-Ehrenfeld wird eine der größten Deutschlands: mit zwei 55 Meter hohen Minaretten, einer Kuppel und Platz für mehr als dreitausend Gläubige. Die rechtspopulistische Partei "ProKöln" sammelt seit langem Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den Bau. Aber auch Ehrenfelder, die damit nichts zu tun haben wollen, haben Bedenken gegen die Größe der Moschee.
Pfarrer Meurer hat seine Gemeinde in Höhenberg und Vingst, zwei Vierteln mit hohem Ausländeranteil. Auf seine Initiative geht es zurück, dass in den Straßen gerade 41 000 Osterglocken blühen - gepflanzt von 180 Blumenpaten. Christliche Gemeindearbeit heißt für ihn unter anderem, Hundeklos anzulegen, "denn wenn so ein Viertel verkommt, dann kann das ganz schnell umkippen".
Im Gemeindezentrum machen junge Muslima mit Kopftuch gratis Fotos für ihre Bewerbungsmappen. Auf dem Hof spielen türkische Kinder. Meurer veranstaltet auch multireligiöse Feiern, die kürzlich durch ein Verbot von Kardinal Joachim Meisner in die Schlagzeilen kamen. "Mir geht es allein um den Frieden im Viertel", so Meurer. "Wir beten da nicht gemeinsam, wir lernen uns kennen. Und das geht nur bei solchen Treffen."
Allein die Diskussion darüber, was man denn für die Moschee kaufen könnte, habe schon eine rege Diskussion über den Islam in Gang gebracht: "Die denken da bei uns vielleicht an ein Kniebänkchen, eine Schelle, ein Bild oder so was. Aber da hab ich schon gesagt: ,Freunde, daraus wird wohl nix. Die beten da in ihrer Moschee eins zu eins zu Gott - die haben nicht so’n liturgisches Gerät wie wir.’"
Islam in Deutschland: Mit rund 3,4 Millionen Gläubigen ist der Islam nach dem Christentum die zweitgrößte Religion in Deutschland. Das wird auch nach außen immer sichtbarer: Der Bau von Moscheen boomt. Doch das Bestreben, als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft in Staat und Gesellschaft Anerkennung zu finden, sorgt für Konflikte.
Moscheen: Nach Angaben des Islam-Archiv (Soest) gibt es in Deutschland etwa 140 "klassische Moscheen", in der Planung bzw. im Bau sind rund 130 Moscheen. Die meisten sind sehr umstritten. Nach Schätzungen des Zentralrats der Muslime (ZMD) gibt es dazu mehr als 2000 unscheinbare, nicht als Gotteshaus erkennbare Bauten oder "Hinterhof-Moscheen".