„Die Westfalen“ kommen – langsam
Die neue Partei für den Osten von NRW prangert die systematische Bevorzugung des Rheinlandes an.
Münster/ Dortmund. Westfalen und Rheinländer sind sich nicht ganz grün. Das ist so, seit die Briten die beiden ungleichen Völkchen im Jahr 1946 dazu zwangsverdonnert haben, gemeinsam im Bundesland Nordrhein-Westfalen zu leben. Beide Seiten teilen seither gerne gegeneinander aus.
Die Rheinländer sind unberechenbar und leichtlebig, sagen die Westfalen. Die Westfalen sind humorlose Bauern, sagen die Rheinländer. Nun soll eine neue Partei, die am Samstag in Dortmund gegründet wurde, den Westfalen mehr Gehör im ganzen Land verschaffen. Sie will sich für "eine Regionalisierung der Politik" und mehr direkte Demokratie einsetzen - und bereits bei der Landtagswahl im Mai 2010 antreten.
Die Region mit dem Westfalenross im Wappen fühlt sich von der Landesregierung dem Rheinland gegenüber benachteiligt. Werner Szybalski (48) hat davon genug. Als Gründer und erster Vorsitzender seiner eigenen Partei "Die Westfalen" will er für mehr Geld und eine stärkere Wahrnehmung sorgen. Der Münsteraner ist zuversichtlich, bis März die für die Landeslisten erforderlichen 1.000 Unterschriften zusammenzubekommen und so bei der Wahl mitmischen zu können.
250 Parteimitglieder habe er bereits begeistern können. "Die Menschen reagieren sehr positiv auf uns", sagt Szybalski, der sich früher für die Grünen, später für die SPD engagiert hat. Mit den Westfalen will er jetzt neu starten. "Sehr viele Bürger zeigen Verständnis für unsere Sicht der Dinge": dass das Land Nordrhein-Westfalen seine Bewohner aus dem Nordosten links - oder besser gesagt - oben rechts liegen lasse.
"Deutlich wird das bei der Infrastruktur", erklärt Szybalski. Während das Rheinland mit Düsseldorf und Köln-Bonn zwei große Flughäfen habe, gebe es in "Westfalen nur Klitschen". Zudem ärgert er sich darüber, dass zwischen den "westfälischen Metropolen" Dortmund und Münster sowie Münster und Bielefeld die Züge nur eingleisig rollen und die Autobahnen im Westfälischen bei Arnsberg und Bad Oeynhausen immer noch nicht fertig seien. "Das führt dazu, dass die Industrie sich woanders ansiedelt", so der Sportjournalist.
Auch der Entschluss der zehntgrößten deutschen Bank, der WestLB, ihren seit 40 Jahren angestammten zweiten Hauptsitz in Münster aufzugeben und drei weitere Standorte im Land zu schließen, sorgt bei dem Westfalen für Unmut. Zwar sollen die 110 betroffenen Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden, aber im rheinischen Düsseldorf. Mit seiner Kritik steht Szybalski nicht allein. Erst im November hatte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe kritisiert, dass der Osten des Bundeslandes stiefmütterlich behandelt werde. Lange Zeit sei die Region bei der Kulturförderung benachteiligt worden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung seien im Rheinland viermal so hoch wie in Westfalen.
Dagegen wollen "Die Westfalen" vorgehen. Für die Landtagswahl am 9. Mai rechnet er sich allerdings noch keine reellen Chancen aus. Die sieht er erst für das nächste Mal - 2015. "Bis ein Westfale sich zu etwas Neuem bekennt, braucht es Zeit", erklärt Szybalski. "Im Rheinland sieht das bestimmt ganz anders aus."