Plädoyer für die Vernunft-Ehe
„Alles hat Nebenwirkungen“: Der Kabarettist Eckart von Hirschhausen betrachtet die Liebe aus ärztlicher Sicht.
Herr von Hirschhausen, Ihre neue Bühnenshow heißt "Liebesbeweise". Wie kann man seine Liebe am besten zeigen?
Hirschhausen: Es sind vor allem die kleinen Alltags-Gesten, die wirklich zählen. Wenn ein Mann einer Frau die Autotür aufhält, ist entweder das Auto neu oder die Frau. Aber wen man über Jahre hinweg seine Aufmerksamkeit aufrecht erhält für den anderen, sind das Liebesbeweise, die tragen.
Hirschhausen: Schon - aber sie kann auch krank machen. Jeder Mediziner weiß: Alles, was wirkt, hat Nebenwirkungen. Und die Nebenwirkungen der Liebe sind besonders fatal. Vor allem bei Liebesentzug sind Menschen zu ungeheuren Taten fähig. Studien belegen: Die gefährlichste Person, die man im Laufe seines Lebens kennenlernt, ist der eigene Partner. Denn die Wahrscheinlichkeit, vom Ex-Partner ermordet zu werden, ist statistisch gesehen 1000Mal höher als bei jedem anderen Menschen.
Hirschhausen: Verliebtsein hat mit Liebe nur wenig zu tun. Ob jemand wirklich zu einem passt, kann man in diesem Stadium der hormonellen Unzurechnungsfähigkeit leider nicht ernsthaft beurteilen. Ich plädiere deshalb für etwas, das oft so abfällig "Vernunft-Ehe" genannt wird. Weil ich glaube, dass Gegensätze sich zwar anfangs anziehen und dann ausziehen, aber langfristig abstoßen. Gemeinsamkeiten halten zusammen. Mann und Frau sind schon unterschiedlich genug, das reicht als Gegensatz.
Hirschhausen: Genau. Beziehungen entwickeln sich in zwei Phasen: die Leidenschaftliche am Anfang - und die Freundschaftliche, die danach entstehen kann. Die Filme, die man für sein eigenes Leben im Kopf hat, sollten ähnlich sein und kompatibel. Ehe funktioniert schlecht, wenn der eine Romanze, der andere Action-Thriller will.
Hirschhausen: Ganz und gar nicht. Auch heute noch träumen viele von dem einen, richtigen Menschen, der auf sie wartet. Realisten antworten dann: "Da muss sich ja nur ein Mensch auf der Welt vertun - und schon geht die ganze Rechnung nicht mehr auf." Ich bin beides, Romantiker und Realist. Denn ich sage: Wenn man jemanden findet, mit dem man viel Zeit verbringen möchte, ist das in der Tat ein wunderbarer Zufall. Aber diese wahre Liebe ist nicht nur mit einem Menschen möglich, sondern mit mehreren.
Hirschhausen: Sich gegenseitig zu unterstützen bei den Zielen, die man erreichen will. Verliebte gucken sich immer in die Augen. Liebende schauen in dieselbe Richtung. Und man darf den anderen ruhig ein bisschen idealisieren.
Hirschhausen: Ganz klar: "Leaving on a Jet Plane" von John Denver. Bei dem Lied werde ich hemmungslos sentimental. Denn es geht darin um dieses seltsame Gefühl, auf Tour die Heimat, und zu Hause die große Welt zu vermissen.
Hirschhausen: Das nächste spannende Thema ist das Älterwerden. Alle wollen alt werden, keiner will es sein. Das ist doch absurd. Das Schlimmste, was mit den ganzen Anti-Aging-Pillen passieren könnte: dass sie funktionieren. Dann wird der Körper jünger, der Geist älter. Irgendwann hat jeder Alzheimer, aber dein Körper kommt plötzlich zurück in die Pubertät. Du kannst wieder, weißt aber nicht, warum. Das wünsche ich keinem.