Frau Müntefering will was anderes

Porträt: Ja, sie ist die Tochter des SPD-Politikers. Aber muss das immer die erste Frage an eine Autorin sein?

Hattingen. Als Mirjam Müntefering mit 28 Jahren ihren ersten Roman veröffentlichte, seufzte die Werbefrau des Verlages tief: "Schade, dass sie nicht mit diesem Bundespolitiker verwandt sind." Ist sie aber doch. Und genau das ist ihr Dilemma.

Nicht, dass die heute 38-Jährige etwas gegen ihren Vater Franz hätte. Liebevoll spricht sie von ihm, sieht ihn zwei- bis dreimal im Jahr. Schließlich hatte nicht nur der SPD-Politiker bis zu seinem Rücktritt im November als Arbeitsminister und Vizekanzler einen übervollen Terminkalender, sondern auch die Tochter führt ein erfülltes und immer wieder überraschendes Leben.

Schauspielerin wollte Mirjam Müntefering mal werden, wurde aber abgelehnt. Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften hat sie in Bochum studiert und mit einer eigenen kleinen Firma fürs Fernsehen gearbeitet, pardon, "geschuftet".

Und dann hat sie sich entschlossen, auch beruflich das zu tun, was ihr wirklich Spaß macht: Sie schreibt Romane - 17 sind bisher erschienen - und leitet eine Hundeschule mit mittlerweile vier Angestellten. Eine ausgefallene Kombination, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Außerdem renoviert sie mit ihrer Lebensgefährtin Sabine noch ein altes Bauernhaus in Hattingen.

Als ihr Erstling über die Liebesverhältnisse in einer Frauenclique erschien, erregte sie prompt Aufsehen als "lesbische Politikertochter" und setzte sich, teilweise in Begleitung ihres Vaters, auch in Talkshows: "Ich wollte das Beste für mein Buch", hatte sie damals beschlossen. Doch die Anfangs-Aufmerksamkeit, die sie einkalkuliert hatte, ließ nie mehr nach.

Nun schlägt Mirjam Müntefering mit ihren eigenen Mitteln zurück: "Ich habe so viel erreicht, ich bin richtig glücklich in meinem Leben, doch ich werde immer wieder darauf beschränkt, Tochter zu sein. Da ist mir der freche Gedanke gekommen, allen, die mich immer als erstes nach meinem Vater fragen, ein Buch in die Hand drücken zu können: Lesen Sie doch mal das."

Ihre "autobiographische Reise" liest sich jedoch sehr munter. Denn die gebürtige Sauerländerin hat spätestens seit der Beschäftigung mit buddhistischer Meditation erkannt: "Es bringt nichts, wenn man in Kummer, Wut und Rachegefühlen verweilt. Ich versuche, aus allem etwas Gutes zu ziehen."

Politik interessiert die Politikertochter nur da, wo es sie konkret betrifft. Die parteilose Mirjam Müntefering kann trefflich streiten für ein Nichtrauchergesetz, für die Homo-Ehe (für eine echte) und gegen das Landeshundegesetz. Aber die Bundespolitik, in der sich dauernd "eine Altherrenriege gegen den gesunden Menschenverstand durchsetzt" - die braucht sie nicht.