Regeln gegen die Balkanmafia

Weil der Westen voriges Jahr Schiebung witterte, läuft die Qualifikation nun anders.

Belgrad/Hamburg. Der Eurovision Song Contest naht, und prompt geht wieder die Angst vor der Balkanmafia um. Im vergangenen Jahr umwallte schwere Empörung den Schlagerwettbewerb, der im Volksmund immer noch Grand Prix heißt: "Schiebung" und "Russendisco" schimpfte man im Westen.

Denn dessen Kandidaten kamen nur am Rande vor. Im Halbfinale von Helsinki qualifizierte sich mit der Zuschauerabstimmung nicht ein Westeuropäer, sondern neun osteuropäische Kandidaten und die Türkei. Damit kamen im Finale von 24 Teilnehmern schon mal 15 aus Osteuropa, am Ende gewann die Serbin Marija Serifovic. Die Westler landeten alle auf den hintersten Rängen.

Mit der Entrüstung der Platzhirsche im traditionsreichen Wettsingen war man sich einig, dass dieses Ergebnis keinesfalls mit rechten Dingen zustande gekommen sein konnte. Die osteuropäischen Länder hätten sich gegenseitig die Stimmen zugeschanzt, man solle die Veranstaltung wohl besser in "East European Song Contest" (Osteuropäischer Liederwettbewerb) umbenennen.

Es machte nichts, dass das rechnerisch keineswegs haltbar ist. Denn Marija Serifovic hätten auch die Stimmen aus West- und Mitteleuropa zum Sieg gereicht. Es fiel nicht auf, dass Großbritannien von seinen insgesamt 19Punkten zwölf aus Litauen erhielt. Und die Briten mochten auch nichts davon hören, dass die Bewertung womöglich etwas mit der Qualität ihres Beitrags zu tun hatte: Es hüpften vier als Flugbegleiter verkleidete, stimmlich kaum wahrnehmbare Interpreten über die Bühne.

Hin wie her: Wenn die größten Geldgeber der European Broadcasting Union (EBU), die den Wettbewerb ausrichtet, verstimmt sind, muss sich selbstverständlich etwas ändern. Also hat man die Regeln für 2008 angepasst - übersichtlicher werden sie nicht.

Teilnehmen wollten 43 EBU-Mitgliedsländer, dazu zählen aber weder Österreich noch Italien oder Luxemburg. Die finanzstarken "Big Four" Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien sind wie immer fürs Finale gesetzt. Dazu kommt Vorjahressieger Serbien.

Die restlichen 38 Kandidaten treten in zwei Halbfinals an. Je neun Teilnehmer kommen weiter, weil die Fernsehzuschauer für sie abgestimmt haben. Bei jedem Halbfinale dürfen aber nur die Zuschauer abstimmen, deren Land dort vertreten ist. Je einen Qualifikanten bestimmt die Jury.

Wir zählen zusammen: Fünf Länder sind gesetzt, dazu gesellen sich jeweils zehn aus den Vorausscheidungen. Folglich singen am Samstag in Belgrad 25 Kandidaten um die Wette, die Reihenfolge wird ausgelost.

Das erste Halbfinale am Dienstag ergab immerhin eine buntere Mischung fürs Finale als 2007. Griechenland, Finnland und Russland sind ebenso weiter wie Israel, Rumänien, Polen und Aserbaidschan. Auch Norwegen, Bosnien-Herzegowina und Armenien sehen wir am Samstag wieder. Ausgeschieden sind hingegen unter anderem der irische Sänger im Truthahn-Aufzug (so viel zur neuen Spaßfraktion) und die trällernde Miss Slowenien, Belgien, die Niederlande, Andorra und San Marino.