Neue Rundfunkabgabe beschlossen
Berlin (dpa) - Die neue Rundfunkabgabe ist beschlossene Sache: Vom Jahr 2013 an sollen jeder Haushalt und jede Betriebsstätte zahlen, auch wenn gar kein Fernseher oder Radio vorhanden ist.
Die gute Nachricht für die Gebührenzahler: Zumindest bis 2015 dürfte der Rundfunkbeitrag nicht erhöht werden - es bleibt höchstwahrscheinlich bei der derzeitigen Höchstgebühr von 17,98 Euro im Monat. Das haben die Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch in Berlin beschlossen.
Bisher knüpft die Gebühr an den Besitz eines Fernsehers oder Radios an, in Zukunft ist nahezu jeder Haushalt fällig. Wie hoch die Abgabe in Zukunft genau sein wird, ist noch unklar. Das hängt davon ab, ob mit dem neuen Modell die Einkünfte der öffentlich-rechtlichen Sender, die zur Zeit bei rund 7,6 Milliarden Euro im Jahr liegen, auf diesem Niveau gehalten werden. Die Anstalten gehen davon aus, dass die Erträge auf keinen Fall über dem Niveau von 2009 liegen werden. Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag muss noch von den Länderparlamenten ratifiziert werden.
Kurt Beck (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Chef der Länder-Rundfunkkommission, sagte, bis 2015 blieben die Beiträge stabil. „Es wird nicht zu einer Steigerung der Rundfunkgebühren kommen“, sagte er. Die neue Haushaltsabgabe sichere nicht nur die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio, sie sei auch gerechter, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nach Abschluss eines Treffens der Länderchefs. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, das neue System biete eine Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der private Rundfunk begrüßte die Gebührenreform. Sie sei „konsequent und zeitgemäß“, sagte der Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), Jürgen Doetz. Besonders hob er das beschlossene weitgehende Verbot von Sponsoring nach 20.00 Uhr hervor: „Mit dem Sponsoringverbot haben sich die Länder endlich zu einem Einstieg in den Ausstieg aus der Werbung bei ARD und ZDF durchgerungen. Gleichwohl wäre ein sofortiger und vollständiger Werbeausstieg natürlich außerordentlich wünschenswert gewesen.“ Sponsoring soll es künftig im Hauptabendprogramm nur noch für Großereignisse im Sport geben.
Die Ministerpräsidenten versicherten, dass sich für die meisten Inhaber von Wohnungen oder Firmen nichts ändere. Hamburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt drängen für den Fall von Mehreinnahmen durch die neue Berechnung auf eine Gebührensenkung. Böhmer schloss nicht aus, dass es Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht geben könnte.
Hartz-IV-Empfänger müssen nicht zahlen, sie sind weiter bei Nachweis der Bedürftigkeit befreit. Ein Drittel der Abgabe wird auch von Seh- oder Hörbehinderten verlangt. Umstritten war bis zuletzt die Belastung für Unternehmen. Besonders der Mittelstand ist besorgt, weil es wegen einer Vielzahl kleinerer Betriebsstätten in einem Unternehmen zu einer Kostenexplosion kommen könne. Die Ministerpräsidenten sicherten ein „mittelstandfreundliches Modell“ zu. 90 Prozent der Betriebe würden in die beiden untersten Beitragsstufen fallen. So zahlt eine Betriebsstätte mit bis zu acht Mitarbeitern lediglich ein Drittel der fälligen Monatsgebühr.
Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) wird in Zukunft weiterhin die Abgabe eintreiben und dafür bei Einwohnermeldeämtern nach den Adressen fragen, sagte Böhmer. Ein Abgleich mit Adressenhändlern werde es nicht geben. Beck erklärte, „die Schnüffelei an der Wohnungstür hat damit in Zukunft ein Ende.“
ARD und ZDF begrüßten die Reform. Mit dem neuen System werde die Privatsphäre besser geschützt, sagte der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust. Durch das Ende von Mehrfachgebühren würden rund 1,5 Millionen Zahler in Zukunft entlastet. ZDF-Intendant Markus Schächter sagte, das neue Modell berücksichtige die Interessen der Gebührenzahler und die Veränderungen der digitalen Medienwelt.
Grundlage des neuen Modells war ein Gutachten des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof für ARD und ZDF. Allein die Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, mache die Abgabe zur Pflicht, hatte Kirchhof geschrieben. Hintergrund der Reform ist auch Entwicklung der Medien in der digitalen Welt. Radio und Fernsehen werden nicht mehr nur mit traditionellen Geräten empfangen, sondern auch auf dem PC oder mobil über Smartphones oder Laptops.