Marcel Reich-Ranicki: „Ich habe nichts zu bereuen“

Aussprache: Marcel Reich-Ranicki und Thomas Gottschalk reden im ZDF über Niveau im Fernsehen.

Mainz/Wiesbaden. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hat seine harsche Kritik am Fernsehen bekräftigt. "Ich habe nichts zu bereuen, ich nehme nichts zurück", sagt er in einem Gespräch mit Moderator Thomas Gottschalk, das das ZDF im Kurhaus Wiesbaden aufgezeichnet hat und am Freitag um 22.30 Uhr ausstrahlt.

Die gemeinsame Sendung hatte Gottschalk dem 88-Jährigen spontan vorgeschlagen, nachdem dieser am Samstagabend beim Deutschen Fernsehpreis in einer zornigen Rede das Fernsehen attackiert und die Entgegennahme des Preises für sein Lebenswerk abgelehnt hatte.

Reich-Ranicki räumt im Gespräch mit Gottschalk laut ZDF ein, dass es bei der Preisverleihung auch einige nicht ganz schlechte Momente gegeben habe. So lobt er ausdrücklich die preisgekrönte ARD-Dokumentation "Das Schweigen der Quandts", deren Qualität aber während der Gala-Veranstaltung nicht zum Vorschein gekommen sei.

Seine Kritik fasst er zusammen: "Das Fernsehen muss sich mehr Mühe geben." Gottschalk hält dem entgegen, dass gerade das Fernsehen den Literaturkritiker "als unterhaltsamen Menschen bekannt gemacht hat". Er argumentiert laut "Bild": "Die Intendanten von ARD und ZDF würden vielleicht das Fernsehen machen, das du forderst. Aber sie machen es nicht, weil sie wissen, dass ihr dann unter euch wärt."

Reich-Ranicki verlangt, auch Unterhaltungsprogramme im Fernsehen müssten Niveau haben, Fernsehen müsse nicht so verblödet sein. Als Beispiel nennt er Shakespeare, der große Unterhaltung geboten habe. Dessen Stücke müssten verfilmt werden. Auch Bertolt Brecht sei der Richtige fürs Fernsehen.

Streitpunkte im Gespräch sind die Arroganz der Intellektuellen und der Hochmut des Feuilletons gegenüber dem Fernsehen. Reich-Ranicki betont, er kenne die Theorie: "Alle, die das Fernsehen kritisieren, bekommen Zuspruch, aber keine Zuschauer." Doch es müsse einen Kompromiss geben. Gottschalk sieht den Moment gekommen, sich zu positionieren: "Ich mache Fernsehen für die Masse. Dafür werde ich vom Feuilleton in die Tonne getreten und von den Klofrauen geliebt." Über einen Punkt gibt es jedoch keinen Meinungsstreit: Es bleibt beim "Du" zwischen Gottschalk und Reich-Ranicki.