Marode Dächer bei der Bahn
Seit Jahren gefährlicher Zustand im Duisburger Hauptbahnhof. Sanierung ist nicht geplant.
Duisburg. Seit Jahren fährt der Sozialarbeiter Andreas Wlosik von Düsseldorf mit dem Zug nach Duisburg zur Arbeit. Bei der Ankunft im dortigen Hauptbahnhof ist ihm nicht recht wohl. "Das Dach ist schon seit Jahren marode", schimpft der 34-Jährige, "doch die Bahn unternimmt nichts." Die Folge: Sturmtief Irmela beförderte am Freitag Teile des Daches auf die Bahnsteige. Das gesamte Bahnhofsgebäude war nach dem Vorfall geräumt worden.
Schon beim Sturm Kyrill vor zwei Jahren hatte Zugpendler Wlosik schlechte Erfahrungen mit dem Zustand des Dachs machen müssen. "Ein ICE und die gesamte Gleisanlage mussten damals evakuiert werden, weil ein Teil des Daches auf den Zug gestürzt war."
Er selbst sei in den leeren ICE geflüchtet, um nicht von herumfliegenden Teilen getroffen zu werden. Die Bahn habe seither nichts getan, den Sicherheitsmangel zu beheben. "Es sind lediglich Netze unter die Decke gespannt worden, die beim letzten Sturm aber auch wenig ausgerichtet haben."
Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn bestätigt die Eindrücke des Bahnkunden: "Das Dach ist marode, das ist seit Jahren bekannt." Undichte Stellen seien immer wieder notdürftig repariert worden. Das sei reine "Flickschusterei".
Bahnsprecher Gerd Felser beschönigt den Zustand des Bahnhofdaches nicht, versucht aber den Vorfall vom Freitag zu relativieren. Schließlich seien nicht direkt Teile der Dachkonstruktion heruntergeweht worden, sondern Brocken von Dachpappe. "Aber das ist natürlich auch gefährlich", so Felser. Zum Glück sei niemandem etwas passiert. Die grünen Fangnetze, die Reisende schützen sollen, seien nun noch einmal neu geschnürt worden. Felser: "Alle Fachleute sagen: Das ist sicher."
Wann das marode Dach in Ordnung gebracht wird, weiß der Bahnsprecher nicht zu sagen. "Der Duisburger Hauptbahnhof steht neben den Bahnhöfen in Wuppertal, Dortmund und Münster zwar auf der Sanierungsliste", so Felser, "das Dach ist dabei aber nicht vorgesehen." Saniert werden vielmehr das Empfangsgebäude und der Tunnel. Der Beginn der Arbeiten stehe noch nicht fest, Fertigstellungstermin sei 2010.
Für das Duisburger "Aktionsbündnis Hauptbahnhof" stellt dieses Vorgehen eine Provokation dar. Die Deutsche Bahn AG würde den Hauptbahnhof "systematisch kaputt sparen". Die undichten Überdachungen lediglich mit "Fangnetzen" auzustatten, sei fahrlässig. Nach Ansicht von "Pro Bahn" verzögere die Bahn dringende Sanierungen, "um am Ende mehr Fördermittel einzustreichen".
FDP-Oberbürgermeister-Kandidat Frank Albrecht verurteilte ebenfalls das Verhalten der Bahn. "Der baulich verheerende Zustand der Bahnsteighalle ist seit langem bekannt", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Die Auswirkungen des Sturms hätten deutlich gemacht, dass die Lage in Wirklichkeit noch viel dramatischer sei.
Durch herabstürzende Teile der Überdachung hätten Menschen ums Leben kommen können. Albrecht: "Ich bin erschüttert, wie leichtfertig die Bahn das Leben der Fahrgäste und ihrer eigenen Mitarbeiter aufs Spiel setzt."