Urteil: Umziehen gehört zum Polizei-Dienst
Prozess: Das An- und Ablegen der Uniform ist Arbeitszeit. Beamter erstreitet vor Gericht eine Woche mehr Freizeit.
Münster. Eine Woche mehr Freizeit pro Jahr hat sich ein Polizist (44) aus Münster erstritten. Denn das An- und Ausziehen der Dienstuniform - täglich etwa eine Viertelstunde - sei Arbeitszeit, urteilte das Verwaltungsgericht Münster.
Der Arbeitgeber hingegen wollte nur die Zeit für das "Aufrüsten" mit Pistole, Handschellen und Pfefferspray als Dienstzeit anrechnen. Bei der Verhandlung Anfang Juli hatte der Polizist angegeben, dem Land als Dienstherrn jährlich rund 45Stunden zu schenken. Er muss sich vor und nach den Dienstschichten umziehen.
Dem widersprach das Gericht in dem gestern veröffentlichten Urteil (Az.: 4 K 1753/08). Nicht nur das Anlegen der Einsatzmontur sei Arbeitszeit, auch das An- und Ausziehen der normalen Uniform. Diese sei "keinesfalls eine dem reinen Privatbereich zuzuordnende Kleidung", sondern ebenso Teil der Ausrüstung.
Die Richter stellten auch eine "ungerechtfertigte Ungleichbehandlung" mit Kollegen fest, die Motorrad- oder Fahrradstreife fahren. Diese dürften nämlich Kombi- und Schutzkleidung nach Dienstantritt anlegen.
Auch das Argument, Streifenpolizisten könnten sich die Uniform schon zu Hause anziehen, ließ das Gericht nicht gelten. Dass der Kläger dies grundsätzlich dürfe, bedeute nicht, dass er es auch müsse. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW sprach in einer Reaktion von einer "richtungsweisenden Entscheidung" in dem seit Jahren schwelenden Rechtsstreit.
Ob der Kläger im konkreten Fall für die zurückliegenden, bislang nicht anerkannten Dienstzeiten demnächst erstmal in den Urlaub fährt, oder die Stunden ausbezahlt bekommt, darüber habe das Gericht nicht entschieden, sagte ein Gerichtssprecher. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig, eine Berufung wurde abgelehnt. Die Zulassung des Rechtsmittels kann jedoch in der nächsten Instanz, am Oberverwaltungsgericht (OVG) für Nordrhein-Westfalen, beantragt werden.
Am OVG in Münster ist aber ohnehin in nächster Zeit eine landesweit gültige Entscheidung in der Frage zu erwarten, was als Rüstzeit der Polizisten gilt. Ein entsprechendes Verfahren sei anhängig, bestätigte ein Sprecher. Einen Termin gebe es noch nicht. Mehrere Gerichte in NRW hatten sich schon mit dem Thema beschäftigt - die Urteile fielen unterschiedlich aus.