Abgeordnete reisen viel, weit und teuer

Politiker sind oft im Ausland unterwegs. Nun mahnt Bundestagspräsident Norbert Lammert, sparsamer zu sein.

Berlin. Der Warnruf des Parlamentarierchefs an seine Abgeordneten ist eindeutig. Die Mandatsträger seien zu viel im Ausland unterwegs, schrieb Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Mitte Juni in einem Brief an alle Abgeordneten - und bat um Mäßigung. Nur für die unbedingt notwendigen Reisen sei "im Lichte der Gesamtsituation des Haushalts" noch Geld da. Es sei keineswegs sicher, ob allen Wünschen für das restliche Jahr überhaupt noch entsprochen werden könne.

Tatsächlich sind die Bundestagsabgeordneten viel unterwegs. Etwa 360 Einzelreisen in alle Teile der Welt zählte die Statistik 2010 bislang, dazu kommen 38 Delegationstrips von Ausschüssen oder Parlamentarier-Gruppen. Sie alle reisen in der Business-Klasse. 2008 standen am Ende des Jahres 697 Reisen zu Buche, diese Zahl dürfte nun übertroffen werden. 2009 waren es wegen der Bundestagswahl weniger.

Es habe in diesem Jahr bereits einen "erheblichen Mittelabfluss" gegeben, beklagte Lammert, der alle Reisen der Abgeordneten genehmigen muss. Insgesamt stehen 3,7 Millionen Euro zur Verfügung. 2007 umfasste der Etat noch gut eine Million weniger. "Der Anstieg resultiert in erster Linie aus den intensivierten Kontakten des Bundestages zu EU-Institutionen im Zuge des Lissabon-Prozesses", sagt eine Sprecherin des Bundestages.

Vor allem die größeren Delegationsreisen drücken aufs Portmonee. Der Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung etwa reiste in diesem Jahr bereits nach Mexiko. Für Oktober ist ein Flug in die Vereinigten Staaten geplant.

Überhaupt sind die USA eines der wichtigsten Reiseländer der Abgeordneten: Fünf Delegationen weilten dort in diesem Jahr bereits, die Aufenthalte dauerten in der Regel eine Woche. Auch im Juni, kurz vor der parlamentarischen Sommerpause, packten einige Abgeordnete noch einmal in Gruppen die Koffer: zweimal Russland, zweimal Frankreich und zweimal Belgien, hinzu kamen Delegationstrips nach Norwegen und Litauen.